706 Das Fernrohr.
die Hauptpunkte nannte, und deren Einführung die Dioptrik in hohem Maasse
förderte. Die von den genannten Forschern und in selbständiger Weise von
BEsseL1) begründete Theorie führten Moser?) und LisTING3) weiter, wihrend
HELMmHOLTZ%) die Wirkungsweise des Auges untersuchte, NEUMANN?), FERRARIS$)
u. A. sie für Linsen und aus ihnen bestehende Systeme in einfacher Weise dar-
stellten. In voller Allgemeinheit löste neuerdings ABBE die einschlägigen Pro-
bleme, dessen Untersuchungen von Czarski? im Zusammenhang dargestellt
wurden. Für die vorliegende Arbeit erwies sich der Anschluss an die Dar-
stellungsweise von FERRARIS als das zweckmässigste.
Geschichte der optischen Gläser. Alle diese schônen Untersuchungen
würden jedoch bedeutungslos geblieben sein, wenn nicht die Kunst, taugliche
Glassorten herzustellen, in entsprechender Weise gefördert worden wäre. Noch
zu Zeiten PETER DOLLOND’s spielte dabei der Zufall eine grosse Rolle. Nach
der Erzählung seines Schwagers RAMspEN wurde der Block Flintglas, aus dem
die zu ihrer Zeit alle anderen übertreffenden Objective hergestellt worden sind,
bei dem Abbruch eines Jahre lang benutzten Glasschmelzofens in dessen innerem
Raum gefunden, in den er durch eine schadhafte Stelle gelangt war, und seine
Vortrefflichkeit dem ófteren Ausglühen zugeschrieben?) Ebenso blieb der Neuf-
chateler Uhrmacher GUINAUD bei seinen Versuchen, Flintglaslinsen herzustellen,
zunächst vom Zufall abhängig und konnte so dem 1804 von REICHENBACH und
UTZSCHNEIDER gegründeten optischen Institut in Benedictbeuern, an das er 1805
berufen wurde, weniger Nutzen bringen als von dort ziehen. Nach mehrjährigem
Aufenthalt in England kehrte GuiNAUD 1813 nach der Schweiz zurück und setzte
dort auf eigene Faust seine Versuche fort, welche nua zu immer brauchbareren
Ergebnissen führten. Nach seinem Tode verband sich der eine seiner Söhne
mit BonTEMPS zur Errichtung einer optischen Werkstätte, welche später FEIL
übernahm, als BonTEmps die Leitung der Werke von CHANCE BROTHERS in Bir-
mingham übertragen wurde. Die Witwe GuiNAUD's und ihr zweiter Sohn aber
führten das vüterliche Gescháüft weiter, bis sie es an DAGUET in Solothurn abtraten.
Eine von GuINAUD an die astronomische Gesellschaft zu London zur Begut-
achtung eingesandte Flintglasscheibe von 15 ez Durchmesser war unter-
dessen Ursache geworden, dass diese gelehrte Korperschaft eine aus DOLLOND,
FARADAY und HkmscHEL bestehende Commission eingesetzt hatte, welcher die
Herstellung von Flintglas zur Aufrabe gemacht worden war. Das Ergebniss ihrer
Arbeiten war das FaRADAY'sche Glas?) ein schweres Flintglas aus borsaurem
1) BESSEL, a. o. O. ;
2) MosER, Ueber das Auge. DovE's Repertorium. 1844. Bd. 5. pag. 337 u. 373.
3) LisriNG, Dioptrik des Auges. — WAGNER's Handwórterbuch der Physiologie. Bd. 4,
pag. 451.
^) HELMHOLTZ, Physiolog. Optik. Leipzig 1867.
5) C. NEUMANN, Die Haupt. und Brennpunkte eines Linsensystemes. Leipzig 1866.
2. Aufl. 1893.
6) FERRARIS, Die Fundamentaleigenschaften der dioptrischen Instrumente, Deutsch von
LirPICH. Leipzig 1879.
7) Czarskr, Theorie der optischen Instrumente nach ABBE. Breslau 1893, aus Handbuch
der Physik. Bd. 3 1. Abth. herausg. von WINKELMANN.
8) LÖWENHERZ, Historische Notizen über die Herstellung optischen Glases. Zeitschr. für
Instrumentenkunde, 1882, pag. 275.
9) FARADAY, Darstellung und Zusammensetzung verschiedener Glassorten. PoGG. Ann.
1829. 15, pag. 251; 16, pag. 192.