WILHELM IV., ROTHMANN, LONGOMONTAN. 73
der Astronomia danica von LoNGOMONTAN!), einem Schüler und spüteren Mit-
arbeiter TvcuHo's. In diesem Werke, welches eigentlich ein Lehrbuch der
Astronomie ist, werden die drei Weltsysteme zusammengestellt und schliesslich
dem TycHonr’schen, vielleicht auch mit Rücksicht auf die herrschende Strómung,
der Vorzug gegeben. Einen Hauptgrund für die Verwerfung des CoPERNICANI-
schen Systems findet LoNcoMoNTAN darin, dass sich unter der Annahme der
Bewegung der Erde in einer Bahn, deren Halbmesser nach CoPERNICUS gleich
1150 Erdhalbmessern ist, für die Fixsterne, wenn man ihre jührliche Parallaxe
auch nur zu einer Bogenminute annimmt, eine Entfernung von nahe 8 Millionen
Erdhalbmessern ergeben würde, woraus wieder, da ihr scheinbarer Durchmesser
gleich 1' gefunden wurde, der wahre Durchmesser derselben 9300 Erdhalbmesser,
also grósser als der Durchmesser der ganzen Erdbahn folgen müsste, was als
absurd bezeichnet wird. Doch werden wiederholt alle drei Theorien als Bei-
spiele verwendet, so für den Saturn das ProLEMAlsche, für den Jupiter das
COPERNICANI'sche, für den Mars das TycHoNnTsche System. Bei Mercur und Venus
werden alle drei Systeme (eigentiich die beiden, da ja das TycHonrsche und
ProLEMAIsche hier identisch sind und sich nur durch die Anwendung eines
Epicepicykels im concentrischen Kreise, statt eines einfachen Epicykels im excentri-
schen Kreise unterscheiden) angewandt, woraus man sieht, dass LONGOMONTAN
die Frage als eine rein physikalische, vielleicht noch nicht gelóste, betrachtet,
wáhrend die geometrische Darstellung in allen drei Formen identisch ist.
Für den Mond wendet LoNGOMONTAN die TYcHONTsche Bewegungsform un-
verändert an, giebt aber noch eine andere »neue« Darstellung, welche sich jedoch
von der TvcHONI'schen nur dadurch unterscheidet, dass der erste Epicykel durch
einen excentrischen Kreis ersetzt wird. Die Variation wird unverändert nach
TvcHo berechnet. Sonderbar ist, das LONGOMONTAN die von TvcHo nur für
den Mond verwendete, also unvollständige, um einen Theil der jährlichen
Gleichung des Mondes verminderte Zeitgleichung für die Reduction der wahren
auf die mittlere Zeit für alle Beobachtungen anwendet.
Recht gut sind in diesem Lehrbuche bereits die Aufgaben der sphürischen
Astronomie behandelt. Für die geographische Ortsbestimmung werden die
folgenden Methoden zusammengestellt: Zeitbestimmung. Erste Methode:
Messung von Sonnenhöhen oder Sternhöhen, möglichst weit vom Meridian und
nicht zu nahe dem Horizonte, ersteres, weil die Beobachtungen im Meridian selbst
wegen der langsamen Höhenänderung die Zeit sehr unsicher geben, letzteres
wegen der Unsicherheit der Refraction. Zweite Methode: Beobachtung der
Zeit des Meridiandurchganges des Gestirns. Polhóhenbestimmung. Erste Methode:
Messung von Meridianhóhen der Sonne oder eines bekannten Sternes; die
Messungen müssen in der Nähe des Meridians gemacht werden, weil die Höhen
daselbst lange Zeit nahe constant sind und ein Fehler in der Zeitangabe bei-
nahe belanglos ist. Zweite Methode: Beobachtung des gleichzeitigen Durch-
gangs zweier bekannter Sterne durch denselben Vertical, wenn die Höhe eines
derselben gemessen wird, wobei die Zeit selbst nicht bekannt zu sein braucht.
Dritte Methode: Beobachtung der Zeit des Durchgangs zweier Sterne durch
denselben Vertical, ohne Höhenmessung. Vierte Methode: Gleichzeitige Beob-
achtung zweier bekannter Sternpaare in demselben Höhenkreise, wobei weder
1) CHRISTIAN SEVERIN, genannt LONGOMONTAN, geboren 1562 in dem dänischen Dorfe
Longberg, war lange Zeit sowohl in Hveen als auch in Prag Mitarbeiter TYCHO’s; später wurde
er Professor in Kopenhagen, wo er 1647 starb.