Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 2. Band)

  
  
  
  
  
  
  
  
   
Lüngenbestimmung. 261 
muss, was schon SCHUMACHER gelegentlich der ersten Expedition erwähnte, in 
sofern von Bedeutung sein, als die Chronometer vor der Abreise mit der nach 
den daselbst erhaltenen Beobachtungen regulirten Pendeluhr und nach der An- 
kunft an dem náüchsten Ort mit der dortigen Zeit verglichen werden, die im All- 
gemeinen wenigstens von einem anderen Beobachter bestimmt wurde. Zu einem 
ganz genauen Resuliat gehórt übrigens auch noch streng genommen die An- 
stellung einheitlicher Zeitbestimmungen, d. h. unter Anwendung derselben Sterne 
und gleicher Rectascensionen. 
Hiernach sind vielfach kleinere Verbindungen vorgenommen worden, da 
diese Methode ohne Zweifel zu den besten Ergebnissen führt, so lange nicht die 
telegraphische Längenbestimmung môglich ist und wenn die Benutzung terrestri- 
scher Signale versagt. Die grössten derartigen Unternehmungen gingen aber 
von Russland aus, wo nach der Gründung der grossen Centralsternwarte Pulkowa 
die Anschlüsse an andere Hauptsternwarten mit àáusserster Genauigkeit zu er- 
streben waren. Die hauptsáchlichsten Bestimmungen der Art waren die Chrono- 
meterexpeditionen zwischen Pulkowa und Altona im Jahre. 1843, sodann die sich 
fast unmittelbar anschliessende zwischen Altona und Greenwich im Jahre 1844, 
wodurch Pulkowa mit Greenwich verbunden wurde. Spáter, im Jahre 1854, folgte 
dann die zur grossen russischen Breitengradmessung gehórige Verbindung zwischen 
Pulkowa und Dorpat. In den drei auf diese Unternehmungen bezüglichen aus- 
führlichen Werken ist alles gesagt, was zur Ausführung einer Làngenbestimmung 
auf dem Wege der Chronometerübertragung gehórt. In neuester Zeit hat die 
Methode auch noch Anwendung gefunden, so bei Gelegenheit der Expeditionen 
zur Beobachtung der Venusvorübergánge, wo insbesondere von Lord Liwpsav 
eine Lingenbestimmung zwischen Mauritius und Aden durch 50 Chronometer 
ermittelt wurde, wogegen an anderen Stationen nur eine geringe Zahl Chrono- 
meter zur Verfügung stand, wo denn auch durch mehrfache Reisen die erforder- 
liche Genauigkeit erreicht werden musste, die aber nicht den Resultaten an die 
Seite gestellt werden kann, welche auf den genannten russischen Expeditionen 
erlangt wurde. 
Für die erste der genannten russischen Expeditionen waren insgesammt 
86 Chronometer zur Verfügung, von denen aber einige ausgeschieden wurden 
oder zur Vergleichung der Chronometer unter einander dienten, sodass im 
Ganzen 81 verblieben. Die Vergleichung bei einer so ungeheuren Zahl von 
Uhren erforderte eine beträchtliche Zeit und wäre kaum mit genügender Genauig- 
keit durchführbar gewesen, wenn man die gewöhnlichen Coincidenzen zwischen 
Sternzeit und mittlerer Zeit hätte anwenden wollen. Es kam daher hier ein 
130-Schläger, eine Ubr, die 130 Schlüge in einer Minute macht, wo sich also 
die Coincidenzen sehr rasch folgen, zur Verwendung. Die ganze Vergleichung 
war damit in etwa einer Stunde vollendet und konnte auch täglich während der 
Reise gemacht werden, sodass man über etwaige Sprünge im Gang Aufschluss 
erhielt. Die Reise selbst wurde natürlich mit der erdenklichsten Sorgfalt unter- 
nommen, sie setzte sich aus mehreren Theilen zusammen und bestand erstens 
aus einer Wagenfahrt von etwa 40 £m von Pulkowa nach dem Haten Oranien- 
baum, zweitens aus einer Bootfahrt von dem Hafen nach Kronstadt, wo ein 
Dampfschiff nach Travemünde bereit lag; drittens folgte die Seefahrt von Kron- 
stadt nach Travemünde und viertens wieder eine Wagenfahrt von etwa 80 Æm 
von Travemünde nach Altona. Der Vorgang war folgender. Unmittelbar vor 
der Abreise von Pulkowa wurden die Chronometer mit der dortigen Normal- 
pendeluhr verglichen; sofort nach Ankunft an Bord des Schiffes geschah eine 
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
   
  
  
     
   
  
  
  
     
   
  
     
   
	        
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