Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 2. Band)

   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
   
  
    
    
  
    
  
    
    
   
      
  
  
   
Mechanik des Himmels. 62, 
  
456 
erfordern. Dieses bestimmte auch LEVERRIER zu der Meinung, dass die 
Rechnungen von ADAMS und DELAUNAY fehlerhaft sein müssten; der Streit wurde 
in der französischen Academie — oft sehr persönlich — geführt. HaANSEN blieb 
lange bei seinen theoretisch gefundenen Resultaten stehen, gab aber später die 
Richtigkeit der ADAMS’schen und DErAUNAY'schen Resultate zu, wobei er aber 
praktisch den grósseren, empirischen Werth beibehalten zu müssen glaubte, durch 
welchen die historischen Finsternisse dargestellt werden, und DELAUNAY vertrat 
schon damals die Ansicht, dass die Abweichung der auf theoretischem Wege 
erhaltenen von dem aus den Beobachtungen gefolgerten Werthe irgend einer bis 
dahin noch nicht erörterten Ursache zuzuschreiben. wäre. 
Im Jahre 1865 glaubte er diese Ursache, oder wenigstens eine dieser Ursachen 
in der Wirkung der Ebbe und Fluth gefunden zu haben!). Die Wirkung lässt sich 
kurz folgendermaasen erörtern: Der Mond wird an der ihm zugewendeten und ab- 
gewendeten Seite in der Richtung des Radiusvectors des Mondes eine Anschwellung 
der Erde erzeugen; diese wird sich aber im Sinne der tüglichen Drehung weiter- 
bewegen. Wenn sie stabil bliebe, so würde sie an der dem Monde zugewendeten Seite 
vom Monde stárker angezogen als der Erdmittelpunkt, an der abgewendeten Seite 
schwächer, so dass ein Drehpaar entstehen müsste, welches immer eine Drehung der 
Erde gegen den Mond zu, also entgegengesetzt der täglichen Bewegung erzeugen 
würde; dadurch müsste die Drehung der Erde verlangsamt, der Tag etwas länger 
werden; in diesem nach und nach immer länger werdenden Tage würde der Mond 
immer grössere Strecken beschreiben, so dass also, reducirt auf die als Einheit 
angenommene Tageslänge, der Mond sich immer schneller zu bewegen scheinen 
muss. Diese Anschwellung ist nun allerdings nicht stabil, sondern wird vom 
Monde in der Richtung des Radiusvectors stets neu erzeugt; aber da sie in 
Folge der stetigen-Zusammenwirkung der Mondanziehung und Erdrotation immer 
etwas in der Richtung der Erdrotation vorgeschoben ist, so. wird an der Art der 
Wirkung nichts geändert, nur wird die Grösse derselben wesentlich vermindert. 
Bald darauf hatte BERTRAND?) bemerkt, dass diese "Anschwellung auch eine 
Reaction auf den Mond, eine Anziehung auf denselben und darauf erfolgende 
Verringerung seiner Bewegung erzeugt, wodurch aber nur der numerische Werth 
etwas reducirt wird. 
Eine andere Ursache, welche eine Acceleration in der Bewegung erzeugen 
kann, wurde 1834 von v. OPPOLZER in dem Niederschlagen von kosmischem 
Staub auf die Erde angegeben?) Die Wirkung derselben ist eine dreifache: 
1) Durch Vergrósserung der Massen der Erde und des Mondes wird die Be- 
wegung beschleunigt. Ist: 
M = M, + M4 m ze ctm 
£* (M 4- m) 
Uu 
so wird zur anziehenden Kraft — die stórende Kraft in der Richtung 
; £* (M' -- m! : J 
des Radiusvectors Æ, = — un) # hinzutreten, welche in der mittleren 
Länge eine Stôrung erzeugt, die durch die Differentialgleichung 
dA, is 2 & (M' -- m!) ; 
dt ai 
  
bestimmt ist, so dass 
!) Compt. rend. Bd. 61, pag. 1023. 
?) Compt. rend. Bd. 62, pag. 162. 
3) Astron. Nachr. Bd. 108, pag. 67. 
  
   
  
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.