494 Mechanik des Himmels. 71.
den Mond zu denken, da bei den Planeten die störende Wirkung der übrigen
Himmelskörper gegenüber der Anziehung des Centralkörpers bedeutend zurücktritt.
Erfahrungsgemäss erscheint dies auch dadurch ersichtlich, dass die Bahn des
Mondes sich schon in sehr kurzen Zeiträumen, ja selbst während eines Umlaufs
so sehr von der Ellipse entfernt, dass sie kaum als solche bezeichnet werden
kann, während bei den Planeten selbst während einer sehr grossen Anzahl von
Umläufen eine Abweichung nicht allzu merklich hervortritt.
Soll schon in erster Näherung ein analytischer Ausdruck gewonnen werden,
welcher die wahre Bahn des Mondes einigermassen genau repräsentirt, so wird es
durchaus nicht ausreichen, nur die Attraction des Centralkörpers, der Erde, zu
berücksichtigen. Es erscheint notlıwendig, von vornherein das Dreikörperproblem
als solches anzuwenden, d. h. die Bewegung des Mondes unter der Einwirkung
der Erde und der Sonne zu untersuchen. Da es nun aber nicht gelingt, die
wahre Bahn, d. h. eine streng absolute Lósung zu finden, so muss man wenigstens
zunächst eine solche Bahn suchen, von welcher sich die wahre Bahn nur um
geringe Stórungsbetráge unterscheidet. Diese Bahn nennt GvrDÉN eine »inter-
mediüáre« Babn!?) Sie wird erhalten, wenn man von der Kráftefunction, welche
die Wirkung beider attrahirender Kórper berücksichtigt, und die demgemäss
hier nicht in ihrer Totalitit als Storungsfunction betrachtet wird, diejenigen
Glieder abtrennt, die von der niedrigsten Ordnung derjenigen Gróssen sind,
welche die Abweichung der Bahn von der Kreisform darstellen, und, die Summe
der übrigen Glieder als Stórungsfunction betrachtend, die Untersuchung der Ein-
wirkung dieser auf die Gestaltung der wahren Bahn, einer zweiten Náherung
vorbehált. Welche Glieder in erster Nàherung zu behalten sind, zeigt die ana-
lytische Untersuchung selbst.
Die Stabilität der Bahnen erfordert, dass sie sich zwischen endlichen, nicht
verschwindenden Grenzen bewegen. Liegt daher die Bahn nicht vollständig in
einer Ebene, welches der allgemeinere und auch thatsächlich in der Natur vor-
kommende Fall ist, so wird dieselbe ganz in dem Zwischenraume zwischen zwei
homocentrischen Hohlkugeln liegen, und wird bei jedem Umlaufe sowohl die
äussere als auch die innere Kugel erreichen können, oder auch nicht. Im
letzteren Falle kann man aber annehmen, dass die von dem Himmelskörper
beschriebene Curve thatsächlich bei jedem Umlaufe zwei Kugeln, eine äussere
und eine innere, jede mindestens einmal berührt, sonst aber beständig innerhalb
des zwischen beiden liegenden Zwischenraumes fállt, dass aber die Distanz dieser
Kugeln von einem Umlaufe zum andern variirt. Derartige Curven nennt GvrpÉN
periplegmatische Curven, den Abstand der beiden Grenzkugeln das Diastema,
und es werden daher periplegmatische Curven mit constantem und veränder-
lichem Diastema unterschieden.
Die periplegmatischen Curven werden als Raumcurven über irgend einer
angenommenen Fundamentalebene verschiedene Hóhen erreichen; nimmt man
als Fundamentalebene eine Ebene, über welche sich der Himmelskórper ziem-
lich gleichmássig zu beiden Seiten entfernt, so wird die Gesammtbewegung des
Kórpers in der zu dieser Ebene senkrechten Richtung, d. h. der Abstand zweier
paralleler Ebenen, zwischen welchen sich der Kórper bestündig bewegt, ohne
sich jemals über die durch dieselben gesetzten Grenzen hinaus zu entfernen,
1) »Undersókningar af Theorien for himlakropparnas rórelser«. Abhandlungen der k. schwedi-
schen Academie der Wissenschaften Rd. 6 und 7. Ferner A. N. No. 2383 und »Die intermediáre
Bahn des Mondes«, Acta mathematica, Bd. 7.
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