Mechanik des Himmels. 100. 601
gegenüberstehenden Wellen ihre Wirkung vernichten. Die Fluthwelle auf der
Seite von z? bewirkt bei der Bewegung derselben gegen » hin eine Bewegung
von Co in der Tangente an C, gegen C, hin; die Welle auf der Seite von m,
bei der Bewegung der Welle im selben Sinne eine Bewegung von C, in der
Richtung von C, gegen C' hin. Sind nun die beiden Fluthwellen vóllig symme-
trisch, so müssen sich die Wirkungen aufheben. Bei der ungleichen Vertheilung
der Wassermassen wird nur die Differenz der so bewegten Massen in Rechnung
zu ziehen sein; in diesem Falle wird aber die durch den Widerstand des
gegenüberstehenden Festlandes erzeugte Rückstrómung der Wassermassen eine
der früheren entgegengesetzte, diese aufhebende Bewegung des C-Poles er-
zeugen !).
Dasselbe gilt von den Bewegungen der zur Erde gehórigen Luftmassen.
Nicht unbetrüchtliche Wasser- und Schlammmassen werden durch die Flüsse
befördert. Die gróssten Flüsse in mittleren Breiten haben allerdings einen Óst-
lichen Lauf?) und dürfte wohl ein Ueberschuss für die Ueberführung von Massen
in dieser Richtung verbleiben. Bei einer durchschnittlichen Tiefe von 25 Metern
würde aber, da die Dichte des Wassers nur den fünften Theil der mittleren
Dichte der Erde betrágt, ein Wasserareal von 1000000 Quadratkilometern nur
eine Verschiebung der C-Axe um 0':07 bewirken. Doch betrügt der Ueber-
schuss der in derselben Richtung geführten Wassermassen nur einen sehr
geringen Bruchtheil dieses Areals, um so mehr, als auch hier die bewegten
Wassermassen, die um 180? von einander abstehen, ihre Wirkung vernichten.
Eine andere mógliche Ursache, die fortgesetzte Vereisung im Winter und
das Abschmelzen des Eises im Sommer, kann jedenfalls periodische Ver-
ünderungen hervorbringen. Diese Vereisung und nachträgliche Abschmelzung
findet vorzugsweise in mittleren Breiten statt, und zwar auf der nórdlichen Halb-
kugel durch das Ueberwiegen des Festlandes in Asien nicht gleichmässig um
den Pol vertheilt?). Die fortgesetzte Massenablagerung in Asien würde den náchst-
1) Eine genauere Untersuchung dieser Verhältnisse müsste von der Voraussetzung ausgehen,
dass die Erde kein starrer Körper ist, sondern, wie dies der Natur der Sache entspricht, aus
einem festen Kerne besteht, der von einer Schicht veränderlicher Massen (Wasser und Luft)
umgeben ist. Es ist jedoch durchaus nicht ausgeschlossen, dass neben diesen sichtbar veränder-
lichen Theilen noch andere im Innern der Erde vorhanden sind, welche stetigen oder auch
plötzlichen Lageänderungen unterworfen sind. Entzieht sich schon die Beurtheilung des Ver-
hältnisses der sichtbar veränderlichen Theile zur ganzen Masse unserer Berechnung, selbst
unserer Schätzung, so ist dieses noch viel mehr mit dem letzteren Theile der Fall, und kann
nur eine unter diesen Voraussetzungen durchgeführte Theorie durch Vergleichen derselben mit
den Resultaten einen Schluss auf die Masse des verinderlichen Theiles ziehen lassen. Unter-
suchungen dieser Art setzen aber eine durchgebildete Theorie der Ebbe und Fluth voraus.
Doch sind bisher nur vereinzelte Versuche dieser Art zu nennen. Die letzte, noch jetzt adop-
tirte Theorie der Ebbe und Fluth rithrt von LAPLACE her; sie ist aber kaum als abgeschlossen
zu erklären, und könnte ihre Berücksichtigung auf die Rotationserscheinungen schon aus diesem
Grunde gegenstandslos sein. Ueber den Einfluss der veränderlichen Oberflächenschicht auf die
Erscheinungen der Rotation vergl. u. a. DARWIN in den Philos. transact. für 1879, und GYLDEN,
Astron. Nachrichten, No. 2226 und 3157.
7) Die Ueberführung in der dazu senkrechten Richtung hat, wie aus dem früheren erhellt,
einen viel geringeren Einfluss; übrigens ist dieser nórdliche und südliche Lauf ziemlich gleich-
mässig vertheilt.
3) Auf der südlichen Halbkugel ist die wirksame Ablagerung eine viel geringere, da Süd-
amerika und Afrika nicht zu so hohen Breiten reichen, und die fortgesetzte Eisablagerung am
Ocean ziemlich gleichmüssig um die Pole herum stattfindet.