Kometen und Meteore, 67
Die Bahn, welche der Komet um die Sonne beschreiben wird, hängt nur ab
von der Geschwindigkeit, welche er in einer gewissen Entfernung hat; ist v die
Geschwindigkeit des Kometen in der Entfernung 7, so würde die grosse Axe
der. Bahn bestimmt durch
und die Bahn wird eine Ellipse, Parabel oder Hyperbel, je nachdem sich a positiv,
Null oder negativ ergiebt. Unter der Annahme, dass v alle móglichen Werthe
haben kann, würde es also auf den ersten Blick scheinen, dass alle móglichen
Bahnen gleich wahrscheinlich wären. Dabei ist aber zu beachten, dass für 7
ein bestimmter Werth nicht wohl angenommen werden kann; wo beginnt denn
eigentlich die Wirkung der Sonne auf den Kometen merkbar zu werden? Strenge
genommen wirkt die Sonne, sowie jeder Körper auf jeden anderen selbst in un-
endlicher Entfernung, nur mit ausserordentlich geringer, der Null gleich zu
setzender Intensität. Die Bahn des Kometen kann dann noch immer geradlinig,
oder wenigstens äusserst nahe geradlinig bleiben, mit so geringen Abweichungen,
dass dieselben sich der Beobachtung, wenn eine solche möglich wäre, völlig
entziehen würden; aber eine Wirkung ist vorhanden. Aus diesem Grunde muss
also für v die Geschwindigkeit in der geradlinigen, noch nicht von der Sonne
gestórten Bahn des Kometen, also für » der Werth oo gesetzt werden; dann
wird lo — 22, d. h. alle Kometenbahnen wiirden hyperbolisch sein,
Betrachtet man aber die Bahnelemente der beobachteten Kometen*), so
wird man eine verhältnissmässig sehr geringe Anzahl von hyperbolischen Bahnen
finden. Dieses hat bereits LAPLACE veranlasst, unter Anwendung der Wahr-
scheinlichkeitsrechnung zu untersuchen, welche Wahrscheinlichkeit dafür besteht,
dass eine Kometenbahn hyperbolisch sei; er findet diese Wahrscheinlichkeit
áusserst gering?, indem unter 8264 Kometen nur immer eine hyperbolische
Bahn beschrieben wird, deren grosse Halbaxe gleich oder kleiner als 100 würe,
d. h. welche sich von der grossen Halbaxe oo (Parabel) merklich entfernt. Die
späteren Untersuchungen von ScurAPARELLI?), SEELIGER?), NiEsSL?) u. A., welche
mehr oder weniger weitgehende Voraussetzungen über die Vertheilung der Kometen-
bahnen, deren Perihele, über die Eigenbewegung des Sonnensystems etc. machen,
fübrten zu theilweise einander widersprechenden Resultaten über die Wahr-
scheinlichkeit des Auftretens von Bahnen der drei verschiedenen Kegelschnitts-
formen. Eine befriedigende, in dem Sinne der durch die Beobachtungen ge-
gebenen Erfahrungen liegende Beantwortung der Frage ist bisher unter der An-
nahme des stellaren, d. i. nicht zum Sonnensysteme gehórigen Charakters der
Kometen noch nicht gegeben: die Beobachtungen ergaben bisher ein merk-
würdiges Hervortreten einer bestimmten, speciellen Bahnform, in welcher Ver-
theilung allerdings durch die in neuester Zeit entdeckten Kometen eine kleine
Verschiebung einzutreten beginnt,
T) Vergl. hierzu das Kometenverzeichniss am Schlusse des Werkes.
?) Connaissances des Temps für 1816, pag. 213.
3) Entwurf einer astronomischen Theorie der Sternschnuppen, pag. 261.
^) Astron. Nachrichten No. 2968.
5) Astron. Nachrichten No. 3224.