IIO Mikrometer und Mikrometermessungen.
berechnen und entweder von vornherein vor der jedesmaligen Ortsbestimmung
am Positionskreis wegschaffen oder, was meist vorzuziehen sein wird, bei der
Reduction in Rechnung ziehen.
II. Schraubenmikrometer.
Aeltere Constructionen.
Es scheint gegenwärtig als sicher angenommen werden zu dürfen, dass die
erste Einführung und Benutzung eines mikrometrischen und speciell auf der An-
wendung der Schraube beruhenden Apparates dem jugendlichen, in einem Alter
von nur 24 Jahren in der Schlacht bei Marston Moor (1644) gefallenen Wir.
LIAM GASCOIGNE zugeschrieben werden muss. GASCOIGNE brachte in der Focal-
ebene seines Fernrohrs zwei parallele Lamellen an, deren einander zugekehrte
scharfe Kanten durch Schrauben einander genähert oder von einander entfernt
werden konnten. Wurde das zu messende Object, z. B. eine Planetenscheibe,
von den beiden Kanten genau berührt, so ergab sich aus dem linearen Abstand
derselben in Verbindung mit der Brennweite des Objectivs unmittelbar der ge-
suchte scheinbare Durchmesser. Die zwei Schrauben wurden in der Folge in
sehr sinnreicher Weise durch eine einzige ersetzt, indem die Spindel mit zwei
Gewinden versehen wurde, von denen das eine die doppelte Steighöhe des
anderen hatte. Drehte man die Schraube, so bewegte sich die eine mit einem
Muttergewinde verbundene Schneide gegen die andere feststehende, zugleich
aber verschob sich der ganze Apparat mit dem feineren Gewinde in einer
zweiten, am Rohr befestigten Mutter. Der Bewegung der einen Lamelle gegen
die andere entsprach folglich eine Bewegung beider von dem halben Betrage
in der entgegengesetzten Richtung, so dass die Mittellinie, wenn sie von vorn-
herein in die Achse des Fernrohrs gestellt war, auch darin verblieb, was bei
dem damaligen Zustand der Optik von nicht zu unterschätzender Bedeutung war.
Die Schraube diente aber GASCOIGNE nicht nur zur Verschiebung der Schneiden,
sondern wurde zugleich vermöge der wichtigen Eigenschaft der Schraubenlinie,
dass die Steigung dem Drehungswinkel proportional ist, zur Ausmessung ihres
Abstandes benutzt. Sie war zu diesem Zweck mit einer in ı00 gleiche Theile
getheilten Scheibe (Trommel) versehen, auf welcher mittelst eines Zeigers (Index)
der Bruchtheil einer Umdrehung abgelesen werden konnte. Aus der leicht zu
ermittelnden Höhe eines Schraubenganges des gröberen Gewindes folgte dann
nach Multiplication mit dem in Umdrehungen ausgedrückten Drehungswinkel
die lineare Entfernung der beiden Kanten.
Es ist befremdend und wohl nur durch den frühzeitigen Tod GASCOIGNE’S
erklärlich, dass die sinnreiche und von ihm selbst nicht veröffentlichte Ein-
richtung seines Mikrometers mehrere Jahrzehnte den Astronomen besonders des
Auslandes unbekannt blieb und erst nach seinem Tode ans Licht gezogen wurde,
als von Frankreich aus eine ähnliche mikrometrische Vorrichtung bekannt ge-
geben wurde. In einem Briefe vom 28. December 1666 (N. St.) theilte Auzour
der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in London mit, dass er einen
Apparat construirt habe, welcher die scheinbaren Durchmesser der Planeten mit
einer bis dahin unerreichten Genauigkeit zu messen erlaube, und dies war die
Veranlassung, dass sich innerhalb der Gesellschaft Stimmen für die Priorität des
GASCOIGNE’schen Mikrometers erhoben. Der Apparat, den AuzouT in Verbindung
mit PICARD construirte, ist in seiner 1667 zu Paris erschienenen Abhandlung »Traite
du micrométre«, welche in den »Mémoires de l'Académie Royale des Sciences
Tome VII, Partie I« wiedergegeben ist, ausführlich beschrieben. Er besteht (s.
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