8
Mikrometer und Mikrometermessungen. 129
Stellen durchbohrt ist und um 45° geneigte Röhren trägt, in welche eine kleine
Lampe eingeschoben werden kann. Correspondirt die Stellung der Röhre mit einer
Oeffnung der inneren Büchse, so fällt das Licht der Lampe auf die Fäden und
macht sie als lichte Linien sichtbar; ein vor die Flamme gesetzter papierner
Schirm mit stufenweiser Absorption dient zur Regulirung der Helligkeit. Es ist
hierbei auf zweierlei zu achten. Zunächst muss, damit die Fäden gleichmässig
erleuchtet werden, die Ebene, welche durch die Achse des Oculars und die
Lichtquelle geht, senkrecht auf der Richtung der Fäden stehen, und es ist daher
nothwendig, bei einer Drehung des Mikrometers auch mit dem lampentragenden
Cylinder nachzurücken, was natürlich den Gebrauch erschwert. Hierzu kommt,
dass in Folge der cylinderförmigen Gestalt des Fadens die von seinem Mantel
reflectirte Lichtlinie keine constante Lage beibehält, sondern sich mit der Stellung
des Fadens gegen Ocular und Lichtquelle ändert; der bei Einstellung des Fadens
auf zwei verschiedene Objecte durchlaufene Weg entspricht daher nicht den An-
gaben der Schraubentrommel. Aber auch bei der Messung sehr kleiner Distanzen
kann aus derselben Quelle ein merklicher Fehler entspringen, wenn das eine der
beiden zu vergleichenden Objecte sehr hell, das andere dagegen schwach ist;
denn auf dem hellen Sternscheibchen verschwindet die Beleuchtung des Fadens
und die Pointirung wird mit dem »negativen« Fadenbilde ausgeführt, während
der schwächere Stern mit der einseitig gelegenen Lichtlinie eingestellt wird.
Uebrigens werden diese Fehler, auf welche zuerst W. SrRUVE!) aufmerksam ge-
macht hat, vermieden, wenn man die Fáden in der auch in der Einrichtung vor-
gesehenen Weise von zwei entgegengesetzten Seiten beleuchtet und die dadurch
entstehende Doppellinie zur Messung benutzt. Was die Feldbeleuchtung angeht,
so sind die älteren Münchener Instrumente von vornherein nicht darauf ein-
gerichtet worden, sie konnte aber meist nachträglich leicht eingeführt werden,
indem im Innern des Rohres, und nicht weit vom Ocular, ein versilberter ellip-
tischer Spiegelring befestigt wurde, welcher das Licht einer in eine Büchse an
der Aussenwand des Rohres eingesetzten Lampe in das Ocular und das Auge
des Beobachters zurückwarf.
Von den Unbequemlichkeiten und den Mängeln der älteren FRAUNHOFER-
schen Beleuchtung sind die neueren Vorrichtungen, bei denen meist dieselbe
Lampe sowohl die Beleuchtung des Feldes als der Fäden erzeugt, mehr oder
weniger frei. Bei dem 6zólligen REPsorp'schen Refractor der Strassburger Stern-
warte befindet sich die Lichtquelle am Ende eines 23 cz langen Rohres, welches in
48 cm Abstand vom Ocular in das Fernrohr eingeschraubt ist. Aus dem
Lampenrohr fillt das Licht auf einen ausserhalb des Strahlenkegels befindlichen
versilberten Spiegel und wird von da auf einen kleinen Spiegel in der Nähe
der Objectivmitte geworfen, von welchem es durch Reflexion nahe cen-
trisch in das Auge gelangt und die Fäden negativ sichtbar macht. Die-
selbe Lampe wirft das Licht auf zwei Prismen, von deren Hypothenusen-
flächen es reflectit wird und auf einen im Mikrometerkasten nahe der
Fadenebene angebrachten conischen weissen Ring fällt. Das von diesem wieder
ausgehende Licht bricht sich an den Fäden und macht sie leuchtend. Der
Uebergang von der einen Beleuchtung zur anderen wird durch die Drehung des
Spiegels bewirkt, durch welche zugleich je nach der Lichtmenge, die auf den
kleinen Objectivspiegel oder auf die Prismen fällt, die Helligkeit regulirt wird
1) W. STRUVE, Mensurae micrometricae, pag. X; daselbst wird als Abstand der Mitten
der beiden Lichtlinien im 9zólligen Dorpater Refractor 0*''46 angegeben.
VALENTINER,. Astronomie, III,