Full text: Handwörterbuch der Astronomie (Vierter Band)

  
130 Zeit, Zeitbestimmung. 
Zusammenfassung, und mussten für den astronomischen Gebrauch die Jahre, 
Monate und Tage erst in Sexagesimae etc. umgewandelt werden. 
Das Jahr bietet aber keine einheitliche Maassbestimmung, da dasselbe be; 
verschiedenen Völkern von verschiedener Länge angenommen wurde (vergl. den 
Artikel »Chronologie«); in allen Fällen muss daher die Jahreslänge durch die 
Anzahl der in demselben enthaltenen Tage ausgedrückt werden. In den wichtigsten 
älteren astronomischen Schriften findet man zumeist das ägyptische Jahr zu 
365 Tagen und später das julianische Jahr zu 36525 Tagen zu Grunde gelegt, 
Die Vergleichung der verschiedenen Zeitangaben geschieht jedoch am besten 
durch die Angabe der Tageszahl in der julianischen Periode (s. »Chrono- 
logie«). 
Wenn sich sonach als Maasseinheit hóherer Ordnung das Jahr nicht eignet, 
und dasselbe ausschliesslich den praktischen Bedürfnissen der Datirung ent 
spricht, so bleibt als Normalmaass für die Zeit nur der Tag. Der periodischen 
Wiederkehr von Tag und Nacht entsprungen, hat man hierbei zunáchst nur an 
die Umdrehung der Erde um ihre Axe in der ursprünglichen Auffassung 
zwischen zwei Sonnenuntergüngen zu denken. Da aber bald die Verschiedenheit 
dieser Tageslänge auffallen musste, allerdings ursprünglich nur durch den Unter- 
schied in dem Beginne des Tagesanfanges, der Verspütung in der ersten Hälfte, 
der Verfrühung in der zweiten Hälfte des Jahres, so war die ungleiche Länge 
dieses Tages, wenn sie sich auch der unmittelbaren Beobachtung entzog, nicht 
zu übersehen, und so wie es sich um genauere Zeitangaben handelte, namentlich 
aber um die regelmässige Theilung des Tages durch Instrumente (Uhren), welche 
den Verspätungen bezw. Verfrühungen des Sonnenunterganges nicht folgen 
konnten, musste der Tagesanfang auf einen anderen Zeitmoment verlegt werden, 
bei welchem diese Unregelmässigkeiten nicht hervortraten, und dieses war der 
stets gleichmässig wiederkehrende Durchgang der Sonne durch den Meridian. 
Die durch Sonnenbeobachtungen stets leicht zu erhaltende Zwischenzeit zwischen 
zwei gleichartigen (oberen) Culminationen der Sonne wird ein wahrer Sonren- 
tag genannt. 
Hiermit war jedoch nur eine der gröbsten Ungleichheiten in der Zeitmessung 
eliminirt; auch der wahre Sonnentag ist nicht constant. Die Zeitmessung ist 
ja eigentlich hierbei auf die Rotation der Erde um ihre Axe zurückgeführt, 
und es dient als Zeiteinheit die Zeit, welche die Erde zu einer vollen Um- 
drehung braucht. Eine solche Umdrehung, bei welcher irgend ein Halbmesser 
der Erde räumlich genau in dieselbe Richtung fällt, vollzieht sich aber nicht 
in einem Sonnentage, sondern, da die Richtung des Erdhalbmessers im Raume 
durch denjenigen Ort der Himmelskugel bestimmt ist, welchen dieser Halb- 
messer zwischen den Sternen trifft, in einer andern Zeit, nämlich in derjenigen, 
welche zwischen zwei gleichartigen (oberen) Culminationen eines und desselben 
Sternes verfliesst. Diese Zeit nennt man einen Sterntag. Die in Stunden 
(24teln des Sterntages) Minuten und Secunden ausgedrückte Zeit (z. B. von 
der Culmination eines bestimmten Punktes der Himmelskugel an gerechnet) 
heisst die Sternzeit; und demnach spricht man auch von Sternzeitstunden u. S. w. 
Es mag an dieser Stelle kurz bemerkt werden, dass auch der Sterntag keine 
constante Grósse ist, sondern durch mechanische Einflüsse (die Flutwelle), die 
Contraction der Erdrinde, Niederschlige von kosmischem Staub u. s. w., vergl. 
den Art. »Mechanik des Himmels«, die Tageslánge etwas veründerlich sein kann; 
ob die Secularacceleration des Mondes diesen oder anderen Umstünden zu- 
zuschreiben ist, ist bisher noch nicht mit Sicherheit entschieden. 
  
  
 
	        
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