Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 4. Band)

  
16 Uhr, Pendeluhr. 
mehren oder vermindern kann.« Das Pendel lässt also eine dreifache Regu- 
lirung des Uhrgangs!) zu, eine grobe durch Auf- und Abwärtsschrauben der 
Linse, eine feinere durch die nämlicher Bewegungen der Correctionsscheiben 
unterhalb der Linse und eine ganz feine durch Zufügen von Zulagegewichten, 
welche auf ein am Pendelrohr angebrachtes Schälchen gelegt werden. Die Güte 
der Compensation prüft man, indem man die von der Uhr angegebene Zeit mit 
Sternbeobachtungen vergleicht. So fand AnDInG für die RrEFLER'sche Uhr den 
Con pensationsfehler für + 1° C. zu 0:0005 Sec. täglich. 
Es versteht sich wohl von selbst, dass die Uhren in Räumen aufgestellt 
werden, die dem Temperaturwechsel in möglichst geringem Grade unterworfen 
sind. Russische Astronomen sind sogar so weit gegangen, die Uhr in einem im 
Boden befindlichen Steingehäuse aufzustellen, um sie den Temperaturschwan- 
kungen soviel wie möglich zu entziehen. 
5) Compensation des Pendels gegen Luftdruckänderungen. Neben 
den Aenderungen der Lufttemperatur üben auch die des Luitdruckes einen Ein- 
fluss auf den Gang der Pendeluhr aus. Denn da die Luft den Schwingungen 
des Pendels einen Widerstand entgegensetzt, so muss dieser mit wachsender 
Dichte zu-, mit abnehmender abnehmen, die Dichte der Luft verändert sich aber 
mit dem Luftdruck. Dass die Wirkung des Luftdruckes bemerkbar ist und also 
corrigirt oder compensirt werden muss, beweisen die Beobachtungen TissERAND's?) 
an dem vom Mechaniker WINNERL verfertigten Pendel, welches in einer Tiefe 
von 97 s unter der Erdoberfläche in den Kellern der Pariser Sternwarte auf. 
gestellt ist. Das Pendel schwingt in einem besonderen Gehäuse, welches aber 
nicht luftdicht verschlossen ist; ein in ihm aufgestelltes Manometer liess er- 
kennen, dass sich der in ihm herrschende Luftdruck mit dem äusseren änderte, 
Thermometerbeobachtungen aber ergaben nur Schwankungen der Lufttemperatur 
von 0:01° bis 0:02°. Der tägliche Gang p der Uhr wurde durch die Formel 
p 07019 4- 070146 (0—753) 
darstellbar gefunden, wo ? den Barometerstand in Millimetern bedeutet. Die 
Formel ist mit Hilfe der Meridianbeobachtungen einer Anzahl Sterne vom August 
1894 bis Januar 1895 aufgestellt und ihre Brauchbarkeit folgt daraus, dass der 
Co&fficient 0:0146 mit dem übereinstimmt, den man auch auf theoretischem Wege 
durch den Widerstand der Luft bedingt findet. Wie merklich der Einfluss des 
Barometerstandes ist, ergiebt sich aus den gróssten Abweichungen der durch das 
Pendel gegebenen von den wirklichen Werthen. Brachte man die Correction 
wegen des Barometerstandes an, so bewegten sie sich zwischen den Grenzen 
— 0:20 und + 029, vernachlissigte man sie, so stiegen diese Werthe auf — 1728 
und + 1507, 
Es giebt nun zwei Wege, das Pendel vom Einflusse des Luftdruckes zu be- 
freien, entweder indem man es zu compensiren sucht, oder indem man es in 
einen luftdicht verschlossenen Raum einschliesst. Beide Wege sind eingeschlagen 
worden. Namentlich hat man die Compensation auf die verschiedenste Weise 
erreichen wollen. Man hat die Aufhängefeder an den Schlitz einer Metallplatte 
gelegt, welche mit dem Deckel eines Aneroids oder mit einem Schwimmer auf 
dem Quecksilber im offenen Schenkel des Barometers sich auf- und abbewegt 
1) Ueber Gang und Stand der Uhr, s. den Artikel Chronometer, Handwérterbuch der 
Astronomie Bd. I, pag. 635. 
2) TissERAND, Compt. rend. 1896, Bd. 122, pag. 646. 
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