Überträgt man das MDL-Prinzip auf MRF gelangt man
zwangsweise zu „dynamischen“ MRF, d.h. Zufallsfelder, die in
ihrer Struktur — also sowohl in der Anzahl als auch in der
Anordnung ihrer Elemente (Knoten und Kanten bzw.
entsprechend Zufallsvariablen und bedingten Dichten) —
variabel sind. Sie stellen somit praktisch eine Ergänzung und
Erweiterung der bekannten MRF dar. Während man bisher bei
Vegetation
| Waa | Feld | lObjektgruppe || Einzelobjekt |
Laubwald | -| Wiese | Hecke | H Baum |
Nadelwald| -| Weide ] |-| Gebüsch ]
Mischwald | 4^ Acker | Gehôlz |
Nadelbaum
Laubbusch
Nadelbusch
Abbildung 4: Objekthierarchie Vegation (Ausschnitt)
der Suche nach dem Energieminimum der MRF nur die
Zuweisungen der Variablenwerte ündern konnte, ist es mit
dynamischen MRF zusätzlich möglich, einzelne Knoten oder
Kanten hinzuzufügen oder wegzulassen. Dadurch lassen sich
Bildsegmentierung und Objekterkennung gleichzeitig mit nur
einem Zufallsfeld bearbeiten.
Die vorhandenen Verfahren und Algorithmen zur
Energieminimierung des MRF (z.B. Simulated Annealing)
können auch für dynamische MRF verwendet werden. Es ist
lediglich zu beachten, daß mit jeder Iteration die Anzahl von
Knoten und Kanten variieren kann.
Es ist offensichtlich, daß bei einer fehlerhaften
Bildsegmentierung das Ergebnis einer Objekterkennung
wahrscheinlich — fehlerbehaftet sein wird, wenn keine
Möglichkeit besteht, aufgrund von Erkenntnissen des
Objekterkennungsvorgangens die Segmentierung zu
korrigieren. Arbeitet man mit starren MRF, liegt dann die
Vermutung nahe, daß etliche Probleme, welche sich bei der
Anwendung von MRF ergeben (langwierige Iterationen,
Erreichen von Nebenminima) letzlich darauf zurückzuführen
sind, daß das MRF selbst in seiner Struktur fehlerhaft ist. Ob
sich diese Probleme mit dynamischen MRF lösen lassen, ist
nicht sicher — es ist jedoch wahrscheinlich und sollte deshalb
unbedingt geprüft werden.
5. OBJEKTMODELL VEGETATION
Das Objektmodell Vegetation besteht aus geometrischen,
physikalischen, strukturellen und semantischen Elementen.
Man wird ein Objektmodell nie völlig losgelöst von der
Methode betrachten, mit welcher man das Modell zu bearbeiten
gedenkt. Man könnte deshalb die Abbildung des Modells auf
die verwendete Theorie auch als Bestandteil des Objektmodells
auffassen.
Das Objektmodell Vegetation besteht im wesentlichen aus den
Eigenschaften der Objekte und den Relationen zwischen den
Objekten.
Bei der Verarbeitung von Bildern ist zu bedenken, daß man
nicht mit den Objekten selbst, sondern lediglich mit
Abbildungen dieser Objekte — den Bilddaten — arbeitet. Ebenso
wie die Objekte sind auch die Objekteigenschaften dieser
Abbildung unterworfen, d.h. strenggenommen betrachtet man
keine Objekteigenschaften, sondern nur die Abbildung der
Objekteigenschaften in den Bildern. Durch die weitgehende
Formulierung aller Aufgaben im Objektraum, wollen wir
versuchen, eine direkte Lösung zu finden. Wir glauben, daß
sich dadurch viele Bedingungen, wie beispielsweise die
Formulierung von Sichtbarkeiten erheblich vereinfachen lassen,
teilweise sogar erst möglich werden.
5.1. Objekthierarchie
Ein erster Schritt zum Aufbau eines Objektmodells zur
Vegetation ist die Erstellung einer Objekthierarchie, welche
ausschnittsweise in Abbildung 4 dargestellt ist.
Eine solche Objekthierarchie eignet sich recht gut als
Grundlage für die Umsetzung in C++ Klassenstrukturen. In der
Realität trifft man oftmals auf Objekte, welche mehrere
Eigenschaften anderer Objekte in sich vereinen, beispielsweise
sei hier nur eine Streuobstwiese genannt.
5.2. Objektmerkmale, Erkennungsfaktoren
Für die Erkennung eines Objektes aus Bildern durch einen
Interpreten lassen sich bestimmte, relevante Kriterien
heranziehen. Diese werden allgemein als Erkennungs- oder
auch Interpretationsfaktoren bezeichnet [Albertz, 1991]. Man
kann sie grob in 3 Gruppen unterteilen:
1. Radiometrische Erkennungsfaktoren
e Objekthelligkeit
e Farbton
e Farbsáttigung
e Textur
2. Geometrische Erkennungsfaktoren
e Objektform
e Objektgrófe
e Objekthóhe
e relative Lage von Objekten
3. Radiometrisch/Geometrische Erkennungsfaktoren
e Oberflächentextur
e Schlagschatten
Am einfachsten zu modellieren sind sicherlich die
radiometrischen Erkennungsfaktoren. Sie lassen sich gut durch
numerische Werte darstellen und können relativ leicht aus
Bildmaterial unterschiedlichster Art extrahiert werden.
Ein Problem stellt dabei immer die Tatsache dar, daß sich alle
Erkennungsfaktoren auf „Objekte“ beziehen, d.h. auf
semantische Einheiten. Diese Einheiten jedoch sollen ja gerade
das Ergebnis der Objekterkennung sein, stehen also zu Beginn
der Objekterkennung überhaupt nicht zur Verfügung. Man
versucht dies i.a. dadurch zu umgehen, daß die Bilder mit Hilfe
von Segementierungsalgorithmen in Gebiete mit homogenen
Eigenschaften unterteilt werden.
Anhand der Erkennungsfaktoren sieht man deutlich, daß die
dritte Dimension einen wesentlichen - Beitrag zur
Objekterkennung liefert. Deshalb soll die Merkmalsextraktion
auch auf den Ergebnissen der Objektrekonstruktion (DOM,
Orthophoto) erfolgen und nicht, wie bisher üblich, direkt auf
den Bilddaten.
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International Archives of Photogrammetry and Remote Sensing. Vol. XXXI, Part B3. Vienna 1996
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