Nichts kann kurzsichtiger sein als eine derartige Ver-
mutung. Denn wenn wir bedenken, daß mit der Verbesse-
rung des Weltbildes zugleich auch eine Annäherung an die
metaphysisch reale Welt verbunden ist, so käme die Er-
wartung, daß die Definitionen und die Begriffe des objek-
tiv realen Weltbildes nicht merklich weit aus dem durch
das klassische Weltbild geschaffenen Rahmen herauszu-
treten brauchen, 1m Grunde darauf hinaus, zu verlangen,
daB die metaphysisch reale Welt mit den Anschauungen,
die dem bisherigen naiven Weltbild entnommen sind, voll-
kommen faBbar und verständlich sei. Das ist eine unerfüll-
bare Forderung. Man kann unmöglich die feinere Struktur
eines Gegenstandes erkennen, wenn man es grundsätzlich
ablehnt, ihn anders als mit bloßem Auge zu betrachten.
Doch in dieser Hinsicht besteht kein Anlaß zu Besorgnis-
sen. Die Entwicklung des wissenschaftlichen Weltbildes
erfolgt ja zwangsläufig. Die mit den verfeinerten Meßinstru-
menten gemachten Erfahrungen verlangen es unerbittlich,
daß alteingewurzelte anschauliche Vorstellungen auf-
gegeben und durch neuartige, mehr abstrakte Begriffs-
bildungen ersetzt werden, für welche die entsprechenden
Anschauungen erst noch gesucht und ausgebildet werden
müssen. Damit zeigen sie der theoretischen Forschung
ihren Weg in der Richtung vom naiven zum metaphysisch
Realen. |
Aber so bedeutend auch die zurückgelegte Wegstrecke
sein mag und so nahe vielleicht das erstrebte Ziel winkt,
es bleibt stets eine vom Standpunkt der exakten Wissen-
schaft aus unüberbrückbare Kluft zwischen der phánome-
nologischen und der metaphysisch realen Welt bestehen,
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