Full text: Sinn und Grenzen der exakten Wissenschaft

  
  
  
einer lebendigen Anschauung; denn neue Ideen entsprin- 
gen nicht dem rechnenden Verstand, sondern der künst- 
lerisch. schaffenden Phantasie, aber für den Wert einer 
neuen Idee maßgebend ist allemal nicht der Grad der An- 
schaulichkeit, die überdies zu ihrem wesentlichen Teil 
Sache der Übung und der Gewohnheit ist, sondern der 
Umfang und die Genauigkeit der einzelnen gesetzlichen 
Zusammenhänge, zu deren Entdeckung sie führt. 
Freilich wird mit jedem Fortschritt auch die Schwierig- 
keit der Aufgabe immer größer, die Anforderungen an die 
Leistungen des Forschers immer stärker, und es stellt sich 
immer dringender die Notwendigkeit einer zweckmäßigen 
Arbeitsteilung ein. Vor allem hat sich seit etwa einem Jahr- 
hundert die Teilung in Experiment und Theorie vollzogen. 
Der Experimentator steht in vorderster Linie. Er ist es, 
der die entscheidenden Versuche und Messungen ausführt. 
Ein Versuch bedeutet die Stellung einer an die Natur ge- 
richteten Frage, und eine Messung bedeutet die Entgegen- 
nahme der von der Natur darauf erteilten Antwort. Aber 
ehe man einen Versuch ausführt, muf) man ihn ersinnen, 
d.h. man muf die Frage an die Natur formulieren, und 
ehe man eine Messung verwertet, muß man sie deuten, 
d.h. man muß die von der Natur erteilte Antwort ver- 
stehen. Mit diesen beiden Aufgaben beschäftigt sich der 
Theoretiker und ist dabei in immer steigendem Maße ge- 
nötigt, sich abstrakter mathematischer Hilfsmittel zu be- 
dienen. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß nicht auch 
der Experimentator theoretische Überlegungen anstellt. 
Das erste klassische Beispiel für eine Groftat, die solcher 
Arbeitsteilung entsprungen ist, bildet die Schöpfung der 
26 
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
mcm. ^ ^ 
e. 
Sigue
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.