Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 1)

   
156 Physikalische Gesetzlichkeit 
für die physikalische Chemie so fruchtbar gewordenen Begriff 
des osmotischen Druckes nennen, den van’t Hoff seinerzeit 
eingeführt hat, um die physikalischen Gesetze der Lösungen, 
namentlich die des Gefrierpunktes und der Dampfspannung, 
anschaulich formulieren zu können. Realisieren und messen 
läßt sich der osmotische Druck nur verhältnismäßig unvoll- 
kommen, weil dazu sehr komplizierte Vorrichtungen, soge- 
nannte semipermeable Wände, notwendig sind. Um so mehr 
muß man den intuitiven Scharfblick bewundern, welcher den 
großen Forscher auf Grund eines recht dürftigen Beobach- 
tungsmaterials zu der Formulierung der nach ihm benannten 
Gesetze geleitet hat. In der heutigen Fassung dieser Gesetze 
bedarf man des osmotischen Druckes so wenig, wie für die 
der Bewegungsgesetze der Newtonschen Kraft. 
Es gibt aber auch noch ganz andere Arten von Gedanken- 
brücken hoher Anschaulichkeit, welche sich für die Bildung 
fruchtbarer Arbeitshypothesen als sehr wertvoll, aber doch im 
weiteren Verlauf der Entwicklung dem Fortschritt als direkt 
hinderlich erwiesen haben. Eine derselben verdient es noch 
ganz besonders, hier hervorgehoben zu werden. Wie man sich 
gewóhnt hatte, hinter allen Veránderungen in der Natur eine 
ursächlich wirkende Kraft zu vermuten, so war man entspre- 
chend leicht geneigt, eine jede unveränderliche, konstante 
Größe sich als eine Substanz vorzustellen. Der Substanz- 
begriff hat von jeher in der Physik eine bedeutende, aber, wie 
eine nähere Betrachtung ergibt, nicht immer unbedingt förder- 
liche Rolle gespielt. Zunächst ist ja leicht einzusehen, daß 
sich jeder sogenannte Erhaltungssatz substantiell deuten läßt, 
und diese Vorstellung ist gewiß vorzüglich geeignet, den Inhalt 
des Satzes zu veranschaulichen und dadurch seine Benutzung 
zu erleichtern. Können wir uns doch kaum ein anschaulicheres 
Bild machen von einer Größe, welche durch alle ihre Verände- 
rungen hindurch stets ihre Quantität behält, als indem wir 
an einen bewegten materiellen Körper denken. Damit hängt 
gewiß auch das Bestreben zusammen, überhaupt alle Vor- 
gänge in der Natur auf Bewegungen von Substanzmengen, 
also auf Mechanik, zurückzuführen. So wurde die Erzeugung 
und Ausbreitung des Lichtes anschaulich gemacht durch die 
Wellenbewegung eines substantiellen Lichtäthers, und in der 
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
	        
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