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180 Das Weltbild der neuen Physik
stande, irgend jemanden aus seiner eigenen Sinnenwelt her-
auszuführen; sie kann ihn nicht einmal zwingen, die selb-
ständige Existenz seiner Mitmenschen anzuerkennen.
Aber in der Physik, wie in jeder anderen Wissenschaft,
regiert nicht allein der Verstand, sondern auch die Vernunft.
Nicht alles, was keinen logischen Widerspruch aufweist, ist
auch vernünftig. Und die Vernunft sagt uns, daß, wenn wir
einem sogenannten Gegenstand den Rücken kehren und uns
von ihm entfernen, doch noch etwas von ihm da ist; sie sagt
uns weiter, daß der einzelne Mensch, daß wir Menschenwesen
alle mitsamt unserer Sinnenwelt, ja mitsamt unserm ganzen
Planeten nur ein winziges Nichts bedeuten in der großen un-
faBbar erhabenen Natur, deren Gesetze sich nicht nach dem
richten, was in einem kleinen Menschenhirn vorgeht, sondern
bestanden haben, bevor es iiberhaupt Leben auf der Erde
gab, und fortbestehen werden, wenn einmal der letzte Physiker
von ihr verschwunden sein wird.
Durch solche Erwágungen, nicht durch logische Schluf-
folgerungen, werden wir genótigt, hinter der Sinnenwelt noch
eine zweite, die reale Welt, anzunehmen, welche ein selbstàn-
diges, vom Menschen unabhàngiges Dasein führt, eine Welt,
die wir allerdings niemals direkt, sondern stets nur durch
das Medium der Sinnenwelt hindurch wahrnehmen kónnen,
mittels gewisser Zeichen, die sie uns übermittelt; ebenso wie
wenn wir einen Gegenstand, der uns interessiert, nur durch
eine Brille betrachten kónnen, deren optische Eigenschaften
uns gänzlich unbekannt sind.
Wer diesem Gedankengang nicht zu folgen vermag und in
der Einführung einer grundsätzlich unerkennbaren realen Welt
eine unübersteigliche Schwierigkeit sieht, der mag daran er-
innert werden, daß es etwas ganz anderes ist, ob man es mit
einer fertig vorliegenden physikalischen Theorie zu tun hat,
deren Inhalt man genau analysieren und dabei immer wieder
feststellen kann, daß zu ihrer Formulierung die Begriffe der
Sinnenwelt vollkommen ausreichen, oder ob man vor der
Aufgabe steht, aus einer Anzahl von einzelnen vorliegenden
Messungen eine physikalische Theorie erst zu bilden. Die
Geschichte der Physik zeigt uns auf jeder Seite, daß diese
ungleich schwierigere Aufgabe immer nur auf Grund der
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