202 Das Weltbild der neuen Physik
Wenn es wirklich wahr ist, daß die Struktur des physi-
kalischen Weltbildes in ihren fortwährenden Wandlungen
immer weiter von der Sinnenwelt abrückt und sich in ent-
sprechendem Maße der realen prinzipiell unerkennbaren Welt
immer mehr annähert, so ist selbstverständlich, daß das
Weltbild in fortschreitendem Maße von allen anthropomorphen
Elementen gesäubert werden muß. Es ist also gänzlich aus-
geschlossen, in das physikalische Weltbild Begriffe aufzu-
nehmen, die irgendwie mit der Kunst menschlicher Meß-
technik zusammenhängen. Das geschieht aber auch bei der
Heisenbergschen Unsicherheitsrelation in keiner Weise.
Denn diese entspringt ohne weiteres der Überlegung, daß die
Elemente des neuen Weltbildes nicht die materiellen Kor-
puskeln, sondern die einfach periodischen, dem betrachteten
physikalischen Gebilde entsprechenden Materiewellen sind,
zufolge des mathematischen Satzes, daß es nicht möglich ist,
durch Superposition einfach periodischer Wellen von end-
licher Länge einen bestimmten Punkt mit einem bestimmten
Impuls zu definieren. Mit Messungen hat dieser Satz gar
nichts zu tun. Und die Materiewellen ihrerseits sind durch
das dem behandelten Falle entsprechende mathematische
Randwertproblem eindeutig bestimmt. Von Indeterminismus
ist dabei keine Rede.
Eine andere Frage aber ist die nach den Beziehungen der
Materiewellen zur Sinnenwelt, die uns ja erst die Bekannt-
schaft mit den physikalischen Vorgängen vermittelt. Denn
von einem nach außen vollkommen abgeschlossenen Gebilde
würden wir überhaupt nie etwas erfahren können.
Diese Frage scheint auf den ersten Blick gar nicht voll-
ständig in das Gebiet der Physik zu gehören, da sie zum Teil
in die Physiologie und sogar in die Psychologie hinübergreift.
Indessen erwächst aus diesen Bedenken keine prinzipielle
Schwierigkeit. Denn man kann die menschlichen Sinnes-
organe stets ersetzt denken durch passend konstruierte phy-
sikalische Meßgeräte, selbstregistrierende Apparate, wie zum
Beispiel eine lichtempfindliche Platte, welche die aus der
Umgebung stammenden Eindrücke festhalten und dadurch
Kunde von den Vorgängen in der Umgebung liefern. Wenn
wir solche Meßgeräte mit in das zu betrachtende physikalische
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