Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 1)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
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Dynamische und statistische Gesetzmäßigkeit 
für die eigene Person auch noch auf die Vergangenheit, in- 
sofern dieselbe fertig abgeschlossen vor dem inneren Auge des 
Denkers liegt, nicht aber auf die eigene Gegenwart und nicht 
auf die eigene Zukunft, zu welcher der Weg immer nur durch 
die Gegenwart hindurchführt. Denn das Denken und For- 
schen selber gehört auch mit zu den geistigen Vorgängen 
im Menschen, und wenn das Objekt der Untersuchung 
mit dem denkenden Subjekt identisch wird, so verändert 
es sich fortwährend in dem Maße, wie die Erkenntnis fort- 
schreitet. 
Es ist daher auch von vornherein völlig aussichtslos, vom 
Standpunkt des Determinismus aus die Vorgänge der eigenen 
Zukunft erschöpfend behandeln und damit zugleich den 
Begriff der sittlichen Freiheit erledigen zu wollen. Wer die 
uns durch das Bewußtsein gegebene freie, durch keinerlei 
Kausalgesetz eingeschränkte Selbstbestimmung für logisch 
unvereinbar hält mit dem absoluten Determinismus auf allen 
Gebieten des geistigen Lebens, der begeht einen prinzipiellen 
Fehler von ähnlicher Art wie der obenerwähnte Physiker, 
wenn er die bemerkte Vorsicht nicht beachtet, oder wie ihn 
ein Physiologe begehen würde, wenn er sich einbildete, die 
natürlichen Funktionen eines Muskels an dem anatomischen 
Präparat desselben studieren zu können. 
So setzt sich die Wissenschaft selber ihre eigene unüber- 
steigliche Grenze. Aber der Mensch in seinem unablässigen 
Drange kann sich mit dieser Grenze nicht begnügen, er will 
und muß über sie hinausdringen, da er eine Antwort braucht 
auf die wichtigste, unaufhörlich wiederkehrende Frage seines 
Lebens: Wie soll ich handeln? — Und eine volle Antwort 
auf diese Frage findet er nicht beim Determinismus, nicht 
bei der Kausalität, überhaupt nicht bei der reinen Wissen- 
schaft, sondern er findet sie nur bei seiner sittlichen Ge- 
sinnung, bei seinem Charakter, bei seiner Weltanschauung. 
Gewissenhaftigkeit und Treue, das sind die Führer, die ihm 
wie in der Wissenschaft, so auch weit darüber hinaus den 
rechten Lebensweg weisen, die ihm keineswegs glänzende 
Augenblickserfolge, wohl aber die höchsten Güter des mensch- 
lichen Geistes, nàmlich den inneren Frieden und. die wahre 
Freiheit gewährleisten. Sie stellen auch das unzerreiBbare 
     
  
	        
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