Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 2)

     
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
     
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Determinismus oder Indeterminismus? 121 
dankenspiel, nämlich die Abzáühlung aller Kombinationen, welehe bei 
der Gruppierung gewisser passend ersonnener symbolischer Ele- 
mente móglich sind. : 
Bei solchen augenscheinlichen Erfolgen der mit dem Riistzeug der 
Einbildungskraft arbeitenden Forschungsmethode ist es nicht zu ver- 
wundern, daß auch auf anderen Gebieten der Physik die Gedanken- 
experimente üppig ins Kraut schossen und daß von berufener wie 
auch von unberufener Seite her Spekulationen einsetzten, die mit un- 
erhörter Kühnheit die verschiedenartigsten Probleme in Angriff 
nahmen, angefangen von dem Rätsel der im feinsten Mikrokosmos 
sich abspielenden Vorgänge, den Wechselwirkungen zwischen Mate- 
rie und Strahlung, bis hin zu den letzten Fragen nach den Abmessun- 
gen des ungeheuren raumzeitlichen Universums. Schon wird sogar 
die Größe und das Alter des ganzen Weltalls in einen exakten nume- 
rischen Zusammenhang gebracht mit der Anzahl und den Eigen- 
schaften seiner kleinsten elementaren Bausteine, der Elektronen, 
Positronen, Neutronen und Protonen. 
Aber je kühner und enthusiastischer sich diese himmelstürmen-: 
den Phantasien betütigen, um so nüchterner soll man des Satzes ein- 
gedenk sein, daß manchmal dicht neben der höchsten Vernunit der 
größte Unsinn lauert. Und es darf niemals vergessen werden, daß 
alle Gedankenexperimente ohne Ausnahme nur heuristischen Wert 
beanspruchen dürfen, daß ihre Bedeutung letzten Endes lediglich 
darin besteht, sinngemäße Fragen an die Natur zu formulieren, und 
daß sie ihre endgültige Rechtfertigung immer nur erhalten können 
durch eine Prüfung ihrer Resultate an der Hand von Messungen. 
Daher bedarf die vorwärts drängende Einbildungskraft des Theore- 
tikers, wenn seine Gedankenflüge nicht dem Schicksal des Ikarus 
verfallen sollen, der strengsten Schulung und der allseitigen Orien- 
tierung sowohl nach der Seite des mathematisch Zulässigen wie nach 
der des experimentell Erfaßbaren. 
Gegenwärtig erlebt die Physik eine der größten Epochen ihrer 
Entwicklung. Unausgesetzt verfeinern sich die Messungsmethoden, 
und unausgesetzt erweitern sich die Mittel der mathematischen Ana- 
lyse. Wir dürfen nicht daran zweifeln, daß es ihrer vereinten Anwen- 
dung gelingen wird, noch manchen weiteren bedeutsamen Weg zu 
finden zur stetig fortgesetzten Entschleierung der zur Zeit noch in 
tiefes Dunkel gehüllten Geheimnisse der Natur. 
Meine hochverehrten Damen und Herren! Am Schluß dieser Be- 
trachtungen ist es mir Bedürfnis, Ihnen meinen aufrichtigen Dank 
dafür auszusprechen, daß Sie meinen Ausführungen bis zum Schluß 
Ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben. Bin ich mir doch klar bewußt, 
daß unser aller Hauptgedanken gerade in der gegenwärtig so beweg- 
ten Zeit andere Wege gehen, daß sie häufig voll in Anspruch ge- 
 
	        
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