Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 2)

   
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Die Stellung der neueren Physik zur mechanischen Naturanschauung 5 
gesagt; denn es war gerade damals um die Zeit, als die kinetische 
Gastheorie Erfolge zu sammeln begann, welche den bisherigen min- 
destens die Waage hielten. ; 
Zunüchst gelangte die reine Thermodynamik bald an ihre natür- 
liche Grenze. Da nàámlich der zweite Hauptsatz im allgemeinen nur 
eine Ungleichung liefert, so lassen sich Gleichungen aus ihm nur für 
Gleichgewichtszustünde ableiten, hier allerdings in voller Allgemein- 
heit und Exaktheit. Sobald man aber dies Gebiet verláfit und nach 
dem zeitlichen Verlauf physikalischer oder chemischer Vorgänge 
fragt, vermag der zweite Hauptsatz nur die Richtung anzugeben, auch 
wohl einige qualitative Aussagen für solche Vorgänge zu machen, die 
sich vom. Gleiehgewichtszustand sehr wenig entfernen; aber einen 
quantitativ bestimmbaren Wert für Reaktionsgeschwindigkeiten lie- 
fert er nicht, und noch viel weniger einen Einblick in die Einzelheiten 
der betreffenden Vorgàánge. Hier ist man also lediglich auf atomi- 
stische Vorstellungen angewiesen, und dieselben haben sich nach 
allen Richtungen bewährt. Ganz besonders wichtig wurden sie für die 
Gesetze der Ionisierung, wie überhaupt aller Vorgänge, bei welchen 
Elektronen eine Rolle spielen. Es muß hier der einfache Hinweis 
darauf genügen, daß die Erscheinungen der Dispersion, der Ka- 
thoden- und Röntgenstrahlen, der gesamten Radioaktivität, um diese 
unermeßlichen Gebiete nur mit einem Wort zu nennen, überhaupt nur 
zu verstehen sind auf dem Boden der kinetischen Atomistik. 
Ja selbst auf dem ureigenen Gebiet der Thermodynamik, bei den 
Gleichgewichts- bzw. stationären Zuständen, hat die kinetische Theo- 
rie über gewisse Fragen Licht verbreitet, die der reinen Thermo- 
dynamik dunkel bleiben mußten. Sie hat die Emission und Absorp- 
tion der Wärmestrahlen verständlicher gemacht, ja sie hat in der 
Erklärung der sogenannten Brownschen Molekularbewegung den 
direkten, sozusagen handgreiflichen Beweis für ihre Berechtigung 
und ihre Notwendigkeit geliefert, und dadurch erst kürzlich ihre 
höchsten Triumphe gefeiert. Zusammenfassend kann man sagen: Auf 
dem Gebiete der Wärmelehre, der Chemie, der Elektronentheorie ist 
die kinetische Atomistik nicht mehr nur Arbeitshypothese, sie ist eine 
fest und dauernd begründete Theorie. 
Wie steht es nun aber mit der mechanischen Naturanschauung? 
Dieselbe würde doch mit der Atomistik der Materie und der Elektri- 
zität sich nicht begnügen, sondern würde noch weiter verlangen, daß 
überhaupt alle Naturvorgänge als Bewegungen einfacher. Massen- 
punkte gedeutet werden können. 
Der großartigste, aber auch vielleicht der letzte Versuch, prinzi- 
piell alle Naturerscheinungen auf Bewegung zurückzuführen, ist ent- 
halten in der Mechanik von Heinrich Hertz. Hier ist das Streben 
der mechanischen Naturanschauung nach einem einheitlichen Welt- 
 
	        
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