Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 2)

er A m DD ww YW à 
~~ oe 
Sinn und Grenzen der exakten Wissenschaft 139 
frei werden, von denen ein jedes fiir sich allein weiterfliegt und nun 
seinerseits wieder ein anderes Uranatom treffen und aufspalten kann. 
Auf diese Weise multiplizieren sich die Wirkungen, und es kann ge- 
schehen, daf} durch das fortgesetzt gesteigerte Aufprallen der Neu- 
tronen auf Uranatome die Anzahl der frei werdenden Neutronen und 
dementsprechend der Betrag der durch sie entwickelten Energie in 
kurzer Zeit lawinenartig anschwillt, nach dem Muster der berüch- 
tigten Kettenbriefe, bei der Unzahl der vorhandenen Atome bis zu 
ganz enormen, kaum vorstellbaren Ausmaßen. Unerläßliche Be- 
dingung für das Zustandekommen dieses Effektes ist natürlich, daß 
die zu dem Versuch benutzte Menge Uran genügend groß ist. Denn 
da ein in einem Uranoxydpulver frei fliegendes Neutron durchschnitt- 
lich erst nach Zurücklegung von einigen Zentimetern auf den Kern 
eines Uranatoms auftrifft, so muß dafür gesorgt werden, daß in 
einem Abstand von mehreren Zentimetern noch Uran vorhanden ist. 
Das läßt sich aber ohne grundsätzliche Schwierigkeit verwirklichen. 
Eine weitere, nicht minder wesentliche Bedingung ist die, daß die 
frei fliegenden Neutronen nicht schon vor ihrem Aufprallen auf Uran- 
kerne irgendwo von anderen Atomen. abgefangen werden und dort 
steckenbleiben. Diese Vorgänge sind freilich bisher noch verhältnis- 
mäßig wenig erforscht. 
Eine spezielle Berechnung hat ergeben, daß auf diese Weise in 
einem Kubikmeter Uranoxydpulver innerhalb einer Zeit von weniger 
als einhundertstel Sekunde ein Energiebetrag entwickelt wird, der 
ausreicht, um ein Gewicht von einer Milliarde Tonnen 27 km hoch- 
zuheben. Das ist ein Betrag, der die Leistungen aller großen Kraft- 
werke der ganzen Welt auf viele Jahre hinaus ersetzen könnte. 
Wenn auch zur Zeit noch nicht die Rede davon sein kann, einen 
solchen stürmischen Atomspaltungsprozeß technisch verwertbar zu 
gestalten, so öffnet sich hier doch eine ernsthaft zu nehmende Mög- 
lichkeit, und wenn wir an die mit der Flugtechnik, dem Rundfunk, 
dem Fernsehen erzielten Erfolge denken, so werden wir auch den 
Gedanken an die Konstruktion der Uranmaschine nicht zu den bloßen 
Utopien rechnen. Vor allem käme es darauf an, den Prozeß nicht 
explosionsartig erfolgen zu lassen, sondern seinen Zeitablauf durch 
geeignete chemische Mittel so weit zu bremsen, daß die Geschwin- 
digkeit der Energieabgabe nicht über ein bestimmtes Maß hinaus- 
geht. Sonst könnte es passieren, daß sie für die betreffende Órtlich- 
keit, ja für unseren ganzen Planeten zu einer gefährlichen Kata- 
strophe werden würde. 
Angesichts solcher Möglichkeiten wird vielleicht mancher von 
denen, die sich das Wundern mit der Zeit gänzlich abgewöhnt haben, 
Veranlassung nehmen, es von neuem zu lernen. Und in der Tat: der 
unermeßlich reichen, stets sich erneuernden Natur gegenüber wird 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.