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Ja
Die Stellung der neueren Physik zur mechanischen Naturanschauung 13
geradezu unannehmbar — aber vielleicht doch nicht unannehmbarer,
als vor. 500 Jahren die Behauptung geklungen haben mag, daß die
Richtung, welche wir die vertikale nennen, keine absolut kon-
stante ist, sondern binnen 24 Stunden im Raume einen Kegel be-
schreibt. Die Forderung der Anschaulichkeit kann, so berechtigt sie
in vielen Fällen ist, unter Umständen, besonders gegenüber dem Ein-
dringen neuer großer Ideen in die Wissenschaft, zum schädlichen
Hemmnis werden. Gewiß sind viele fruchtbare physikalische Ideen
auf dem Boden der unmittelbaren Anschauung erwachsen, es hat aber
auch immer solche gegeben, und darunter nicht die schlechtesten,
welche sich ihren Platz gerade im Kampf mit überlieferten An-
schauungen erringen mußten.
Ein jeder von uns erinnert sich wohl noch der Schwierigkeit, die
es seinem kindlichen Anschauungsvermögen bereitete, als er sich zum
ersten Male vorzustellen bemühte, daß es Menschen auf der Erdkugel
gibt, die die Füße gegen uns kehren, und daß diese Menschen ebenso
sicher wie wir auf dem Boden herumgehen, ohne von der Kugel herab-
zufallen oder wenigstens einige unbehagliche Kongestionen nach dem
Kopfe zu erleiden. Wer aber heute die mangelnde Anschaulichkeit
als sachlichen Einwand gegen den relativen Charakter aller räum-
lichen Richtungen geltend machen wollte, der würde einfach aus-
gelacht werden. Ich bin nicht sicher, ob nicht in abermals 500 Jahren
das nämliche jemand passieren würde, der den relativen Charakter
der Zeit bezweifeln wollte.
Der Maßstab für die Bewertung einer neuen physikalischen Hypo-
these liegt nicht in ihrer Anschaulichkeit, sondern in ihrer Lei-
stungsfähigkeit. Hat die Hypothese sich einmal als fruchtbar bewährt,
so gewöhnt man sich an sie, und dann stellt sich nach und nach eine
gewisse Anschaulichkeit ganz von selber ein. Als die Erforschung
der elektromagnetischen Wirkungen noch eine unvollkommene war,
glaubte man vielfach zur Veranschaulichung des galvanischen Stro-
mes, der elektromotorischen Kräfte, der magnetischen Kraftlinien
die Vorstellung des strömenden Wassers, der hydraulischen Pumpen,
der gespannten Gummifäden nicht entbehren zu können. Heute ver-
schmähen wohl die Elektrotechniker meistenteils diese unvollkomme-
nen Analogien und arbeiten lieber direkt mit den ihnen durch Ge-
wohnheit vertraut gewordenen elektromagnetischen Vorstellungen.
Ja, es ist mir sogar gelegentlich aufgefallen, daß man umgekehrt
kompliziertere Flüssigkeitsströmungen, wie die Helmholtzschen
Wirbelbewegungen, durch elektromagnetische Analogien anschaulich
zu machen gesucht hat.
Wie steht es nun in dieser Hinsicht mit der Theorie der Relativi-
tät? Allerdings stellt sie an das physikalische Abstraktionsvermögen
äußerst weitgehende Anforderungen, dafür sind aber ihre Methoden