14 Die Stellung der neueren Physik zur mechanischen Naturanschauung
bequem und universell und liefern vor allem eindeutige, verhältnis-
mäßig leicht formulierbare Resultate, Unter den Pionieren auf dem
neuen Terrain ist zuerst Hendrik Antoon Lorentz zu nennen,
welcher den Begriff der relativen Zeit gefunden und in die Elektro-
dynamik eingeführt hat, ohne allerdings so radikale Folgerungen
daran zu knüpfen, dann Albert Einstein, weleher zuerst die
Kiihnheit besaf, die Relativitát aller Zeitangaben als universelles
Postulat zu proklamieren, und Hermann Minkowski, dem es
gelang, die Relativitätstheorie in ein abgerundetes mathematisches
System zu bringen.
Es ist natürlich kein Zufall, daß diese abstrakten Probleme vor-
wiegend bei den Mathematikern Interesse und Förderung gefunden
haben, besonders nachdem sich zeigte, daß die hier maßgebenden
mathematischen Methoden zum größten Teil ganz dieselben sind wie
die, welche in der vierdimensionalen Geometrie ausgebildet wurden.
Aber auch die echten vorurteilslosen Experimentalphysiker stehen
der Relativitätstheorie keineswegs von vornherein feindlich gegen-
über, sie lassen einstweilen die Sache sich ruhig entwickeln und
machen ihre Stellung einfach davon abhängig, welche Resultate die
experimentelle Prüfung ergeben wird. In dieser. Beziehung ist nun
zunächst hervorzuheben, daß die Anzahl der aus der Relativitäts-
theorie fließenden physikalischen Folgerungen zwar eine sehr reich-
haltige ist, daß aber ihre Prüfung an die Genauigkeit der Messungen
Anforderungen stellt, welche die Beobachtungsinstrumente bis zur
äußersten Grenze ihrer Leistungsfähigkeit in Anspruch nehmen. Das
rührt in erster Linie daher, daß die Geschwindigkeiten der Körper,
über die wir bei Messungen verfügen, gegen die Lichtgeschwindigkeit
in der Regel äußerst klein sind. Die schnellsten Bewegungen treffen
wir an bei den Elektronen, daher ist auch auf dem Gebiet der Dyna-
mik der Elektronen das erste sichere positive Ergebnis zu erwarten.
Indessen: die Leistungsfáhigkeit der Instrumente wird mit der Zeit
vergrößert, die Genauigkeit der Messungen erhóht, die Prüfung der
Theorie verfeinert werden. Es liegt auch hier ganz ebenso wie beim
oben angeführten Gleichnis mit der Figur unseres Planeten. Wäre
der Radius der Erde nicht gar so groß gegen die uns bei Versuchen
zur Verfügung stehenden Längen, so wäre die Kugelgestalt der Erde
und die Relativitàt aller ráumlichen Richtungen jedenfalls schon viel
früher erkannt worden.
Aber die Bedeutung dieser von mir schon wiederholt herangezoge-
nen Analogie zwischen Raum und Zeit geht noch viel weiter. Sie ist
mehr als eine Analogie, sie ist Identität, wenigstens im mathemati-
schen Sinne. Es ist Minkowskis Hauptverdienst, gezeigt zu haben,
daß, wenn man die Zeitgrößen in einer passenden, allerdings ima-
ginären, Einheit mißt, die drei Dimensionen des Raumes und die eine
EP
Ue ei t epe eese musei
.