Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 2)

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Die Stellung der neueren Physik zur mechanischen Naturanschauung 15 
Dimension der Zeit absolut symmetrisch in die physikalischen 
Grundgesetze eingehen. Der Übergang von einer räumlichen Richtung 
in eine andere ist danach mathematisch und physikalisch vollkommen 
äquivalent dem Übergang von einer Geschwindigkeit auf eine andere, 
und die Lehre von der relativen Bedeutung jedes Geschwindigkeits- 
zustandes ist nur eine Ergänzung zu der Lehre von der Relativität 
jeder räumlichen Richtung. Wie die letztere Lehre sich erst nach 
langem Ringen zu allgemeiner Anerkennung durchkämpfen konnte, 
so wird es auch bei der ersteren in jedem Falle noch harte Kämpfe 
kosten — Kämpfe, die heutzutage wenigstens nicht mehr, wie damals, 
mit Gefahr für Leib und Leben der Modernisten verbunden sind. Das 
beste Mittel aber, ja das einzige, um eine Entscheidung herbeizu- 
führen, liegt in der näheren Verfolgung der Konsequenzen, zu denen 
die neuen Ideen führen, und in diesem Sinne möchten auch meine 
folgenden Ausführungen aufgefaßt werden. 
Nach dem Prinzip der Relativitüt besitzt die unseren Beobach- 
tungen zugüngliche physikalische Welt vier vollkommen gleichberech- 
tigte und vertauschbare Dimensionen. Drei von ihnen nennen wir den 
Raum, die vierte die Zeit, und aus jedem physikalischen Gesetz 
lassen sich durch Vertauschung der darin vorkommenden Weltkoor- 
dinaten drei andere Gesetze ableiten. 
Das oberste physikalische Gesetz, die Krone dieses ganzen Systems, 
bildet, wenigstens nach meiner. Auffassung, das Prinzip der 
kleinsten Wirkung, welches die vier Weltkoordinaten in voll- 
kommen symmetrischer Anordnung enthilt!). Von diesem Zentral- 
prinzip strahlen symmetrisch nach vier Richtungen vier ganz gleich- 
wertige Prinzipien aus, entsprechend den vier Weltdimensionen; den 
räumlichen Dimensionen entspricht das (dreifache) Prinzip der Be- 
wegungsgröße, der zeitlichen Dimension entspricht das Prinzip der 
Energie. Niemals war es früher möglich, die tiefere Bedeutung und 
den gemeinsamen Ursprung dieser Prinzipien soweit zurück bis zur 
Wurzel zu verfolgen. 
Auch das Verhältnis der mechanischen zur energetischen Natur- 
anschauung rückt durch diese Auffassung in eine neue Beleuchtung. 
Denn wie die energetische Naturanschauung auf dem Energieprinzip, 
so fußt die mechanische Naturanschauung auf dem Prinzip der Be- 
wegungsgröße. Sind doch die drei bekannten Newtonschen Be- 
wegungsgleichungen nichts anderes als der Ausdruck des Prinzips 
der Bewegungsgröße, angewendet auf einen materiellen Punkt; denn 
1) Da das Prinzip der kleinsten Wirkung gewöhnlich durch ein Zeitintegral 
ausgedrückt wird, so scheint darin eine Bevorzugung der Zeit zu liegen. Diese 
Einseitigkeit ist indessen nur eine scheinbare und durch die Art der Bezeich- 
nungsweise bedingt. Denn das „„Wirkungsintegral‘“ (die Größe, deren Variation 
verschwindet) irgend eines physikalischen Vorgangs ist gegenüber allen Lorentz- 
Transformationen invariant. 
  
  
 
	        
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