Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 2)

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Das Wesen des Lichts 47 
Die einzig mögliche Erklärung für diese eigentümliche Tatsache 
scheint zu sein, daß die von der Lichtquelle ausgesandte Energie 
nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich dauernd auf gewisse 
Häufungsstellen konzentriert bleibt, oder mit anderen Worten: 
daß die Lichtenergie sich nicht vollkommen gleichmäßig nach allen 
Richtungen ausbreitet, in endlos fortschreitender Verdünnung, 
sondern daß sie stets in gewissen bestimmten, nur von der Farbe 
abhängigen Quanten konzentriert bleibt, die mit Lichtgeschwindig- 
keit nach allen Richtungen auseinanderfliegen. Ein jedes derartige 
Lichtquantum, welches das Metall trifft, kann dann einem Elektron 
dortselbst seine Energie mitteilen, und diese bleibt dann natürlich 
immer dieselbe, mag die Entfernung von der Lichtquelle auch noch 
so groß sein. 
Wir sehen hier die Newtonsche Emanationstheorie in einer an- 
deren, energetisch modifizierten Form wieder auferstehen. Aber was 
der Newtonschen Emanationslehre seinerzeit die weitere Entwick- 
lung versperrte, die Erscheinung der Interferenz des Lichtes, türmt 
sich auch der Lichtquantentheorie gegenüber als eine ungeheure 
Schwierigkeit auf; denn es ist zur Zeit schwer abzusehen, wie zwei 
gleich beschaffene, selbständig durch den Raum fliegende Licht- 
quanten, welche auf gemeinschaftlichem Wege zusammentreffen, sich 
gegenseitig sollen neutralisieren können, ohne daß das Energie- 
prinzip verletzt wird. 
Aus dieser Sachlage erwächst der Strahlungstheorie die dringende 
Aufgabe, jeden Versuch zu machen, um aus diesem nach beiden Sei- 
ten gefährlichen Dilemma auf irgendeine Weise herauszukommen. 
Da liegt es natürlich nahe, es auch mit der Annahme zu versuchen, 
daß die Energie der von dem Metall abgeschleuderten Elektronen 
doch nicht der Strahlung, sondern dem Metall entstammt, daß also 
die Strahlung nur auslösend wirkt, wie etwa ein winziger Funke in 
einem Pulverfaß beliebig große Mengen von Energie entfesseln kann. 
Nur müßte man dann die weitere Voraussetzung machen, daß der Be- 
trag der ausgelösten Energie ausschließlich abhängig ist von der Art, 
in welcher die Auslösung erfolgt. Es fällt nicht schwer, in anderen 
Gebieten der Physik einigermaßen analoge Erscheinungen aufzuzei- 
gen. Ich möchte hier beispielsweise an ein von Max Born gelegent- 
lich gebrauchtes Bild etwas näher anknüpfen. Stellen Sie sich einen 
hohen Apfelbaum vor, in allen seinen Zweigen reich behangen mit 
reifen Früchten, die alle gleich groß, aber verschieden lang gestielt 
und so angeordnet sind, daß die kurzstieligen höher hängen als die 
langstieligen. Wenn nun ein äußerst schwacher, aber gleichmäßiger 
Wind durch die Zweige weht, werden die Äpfel alle ein wenig hin 
und her pendeln, die höher hängenden schneller, die tiefer hängenden 
langsamer, ohne daß einer von ihnen herabfällt. Wenn man jedoch 
  
 
	        
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