48 Das Wesen des Lichts
den Baum ebenfalls äußerst schwach, aber in einem bestimmten
regelmäßigen Rhythmus schüttelt, so werden die Schwingungen der-
jenigen Äpfel durch Resonanz verstärkt, deren Periode mit dem
Tempo des Schüttelns gerade übereinstimmt, und von ihnen wird
eine Anzahl herabfallen, um so mehr, je länger und je kräftiger ge-
schüttelt wird. Diese Äpfel werden mit einer ganz bestimmten, nur
durch ihre ursprüngliche Höhe, also auch nur durch die Länge ihres
Stieles bedingten Geschwindigkeit zu Boden fallen, alle übrigen blei-
ben hängen.
Es versteht sich, daß dieses Gleichnis, wie jedes andere, in man-
cher Beziehung hinkt, schon. deshalb, weil in dem von mir geschilder-
ten Bilde als maßgebende Energiequelle nicht innere kinetische
Energie, sondern die Gravitation auftritt. Aber der wesentliche Punkt
findet sich darin doch verwirklicht, daß nämlich die Endgeschwindig-
keit der abgelösten Partikel lediglich von der Periode der Störung
abhängt, während die Stärke der Störung nur die Zahl dieser Par-
tikel beeinflußt.
Darf man aber einem winzigen Metallteilchen eine so verwickelte
Struktur und eine solche Fülle von Energie andichten wie einem
Apfelbaum? Diese Frage ist weniger verfänglich, als sie vielleicht
zunächst klingt. Denn wir wissen längst, daß die chemischen Atome
durchaus nicht die einfachen unveränderlichen Bausteine sind, aus
denen sich alle Materie zusammensetzt, daß vielmehr jedes einzelne
Atom, besonders dasjenige eines Schwermetalls, als eine ganze Welt
betrachtet werden muß, deren Inhalt sich um so reicher und bunter
erweist, je tiefer man in sie eindringt. Und was die Energie betrifft,
so enthàlt nach der Relativitütstheorie jedes Gramm einer Substanz
in sich einen von der Temperatur ganz unabhàngigen Energiebetrag
von über 20 Billionen Kalorien, mehr als genug, um eine Unzahl
Elektronen auszuschleudern.
Ob nun die zuletzt angedeutete Auffassung wirklich den rettenden
Ausweg für die gefáhrdete Wellentheorie bedeutet oder ob sie
schließlich doch nur in eine Sackgasse hineinführt, wird sich nur da-
durch entscheiden lassen, daß man den geschilderten Weg wirklich
betritt und zusieht, wo er endigt. Hier hat zunächst die Arbeit des
Theoretikers einzusetzen: Er muß sich vor allem in eine der beiden
einander gegenüberstehenden Hypothesen vertiefen, und zwar ohne
Rücksicht darauf, ob er derselben mehr oder weniger Vertrauen
schenkt, und muß die in ihr steckenden Folgerungen herausarbeiten,
um sie in eine Form zu bringen, die der Prüfung durch das Experi-
ment zugänglich ist. Dazu gehört außer der physikalischen Schulung
und dem nötigen mathematischen Rüstzeug auch ein zutreffendes Ur-
teil über das Maß der Anforderungen, die man an die Genauigkeit
der Messungen stellen darf; denn die zu erwartenden Effekte liegen