Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 2)

Die Physik im Kampf um die Weltanschauung 59 
der durch sie bedingte Fehler wird um so bedeutender sein, je 
enger und feiner der Kausalnexus ist, der das reale Objekt mit 
dem Messungsinstrument verknüpft, die Störung wird sich herab- 
mindern lassen, wenn man den Kausalnexus lockert, oder wie 
wir sagen können, wenn man die Kausaldistanz zwischen Objekt 
und Messungsinstrument vergrößert. Ganz vermeiden läßt sich 
die Störung nie; denn wenn man die Kausaldistanz unendlich groß 
nimmt, d. h. wenn man Objekt und Messungsinstrument vollständig 
voneinander trennt, so erfährt man überhaupt nichts von dem realen 
Vorgang. 
Da nun gerade die Messungen an einzelnen Atomen und Elektro- 
nen äußerst feine und empfindliche Methoden, also eine enge kau- 
sale Distanz erfordern, so versteht man, daß die genaue Bestimmung 
der Lage eines Elektrons mit einem verhältnismäßig starken Eingriff 
in seinen Bewegungszustand verbunden ist, und ebenso umgekehrt, 
daß die genaue Messung der Geschwindigkeit eines Elektrons eine 
verhältnismäßig lange Zeit erfordert. Im ersten Fall wird die Ge- 
schwindigkeit des Elektrons gestört, im zweiten Fall verwischt sich 
die Lage des Elektrons im Raume. Das gibt eine Kausalerklärung für 
die oben besprochene Ungenauigkeitsrelation. 
So einleuchtend diese Überlegung erscheint, kann sie doch noch 
nicht den eigentlichen Kern unseres Problems treffen. Denn der Um- 
stand, daß der Ablauf eines physikalischen Vorganges durch das 
Messungsinstrument gestört wird, ist auch in der klassischen Physik 
wohlbekannt, und es wäre von vornherein gar nicht einzusehen, 
warum es nicht bei fortschreitender Verfeinerung der Messungs- 
methoden einmal gelingen sollte, auch bei Elektronen den Betrag der 
Störung im voraus zu berechnen. Wir müssen also, um dem Ver- 
sagen der klassischen Physik im Bereich des Mikrokosmos auf den 
Grund zu kommen, noch etwas tiefer schürfen. 
Einen wichtigen Schritt vorwärts in dieser Frage brachte die Auf- 
stellung der Quantenmechanik oder Wellenmechanik, aus deren Glei- 
ehungen sich nach genauen Vorschriften die beobachtbaren atomaren 
Vorgünge in voller Übereinstimmung mit der Erfahrung berechnen 
lassen. Allerdings liefert die Quantenmechanik nicht wie die klas- 
sische Mechanik die Lage eines einzelnen Elektrons zu einer be- 
stimmten Zeit, sondern sie liefert nur die Wahrscheinlichkeit dafür, 
daß sich ein Elektron zu einer bestimmten Zeit in irgendeiner be- 
liebig angenommenen Lage befindet, oder, wie man auch sagen kann, 
sie liefert für eine große Schar von Elektronen diejenige Anzahl der- 
selben, welche zu einer bestimmten Zeit sich in irgendeiner Lage 
befinden. 
Das ist ein Gesetz von lediglich statistischem Charakter. Seine 
ausgezeichnete Bestätigung durch alle vorliegenden Messungen auf 
  
  
 
	        
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