I. Einleitung.
1. Das Wort Physik stammt von g$oic, das die ,,Natur'' heißt, und be-
deutet ursprünglich allgemein Naturkunde. Aber in diesem allgemeinsten
Wortsinn würde das Gebiet ein allzuumfassendes sein. Schon frühzeitig
wurden daher als selbstándige Wissensgebiete diejenigen unterschieden,
die sich mit der belebten Natur befassen, und abgetrennt von denen,
welche die unbelebte betreffen. So wurden Zoologie und Botanik
in ihrer Systematik und Biologie abgeschieden. Aber auch die un-
belebte Natur erwies sich als zu vielseitig, es sonderten sich die be-
schreibenden Wissenschaften, Mineralogie, Geologie, Geographie als
eigene Spezialwissenschaften ab. Freilich, als diese Wissenschaften ihren
rein deskriptiven Charakter verloren, als das Werden der Kristalle und
ihre Beziehungen untereinander, als das Entstehen der Gesteine, als die
Bildung unserer Erdoberfláche usw. in den Kreis der Betrachtungen ge-
zogen wurden, da wurden die Beziehungen zur eigentlichen Physik wieder
immer engere, und es entstanden in der Kristallkunde, in der physikalisch-
chemischen Mineralogie, der Geophysik usw. eine Reihe von Grenz-
gebieten, deren Zuordnung durchaus nicht mehr eindeutig móglich oder
erwünscht ist. Weiter wurden aus der Physik im Laufe der Zeiten noch
groDe Arbeitsgebiete abgeschieden, die ihr immer wesensverwandt ge-
blieben sind: Die Chemie, die sich mit Beschreibung, Bildung und Zer-
legung der unbelebten Stoffe befaDt, mit allen ihren Unterabteilungen;
die Astronomie, die ein herausgegriffenes Kapitel aus der Mechanik
(Himmelsmechanik) darstellt, sowie die Astrophysik; die Meteorologie
und Geodynamik und die speziellen technischen Wissenschaften.
Was bleibt also eigentlich für unser Gebiet übrig? Eine genaue De-
finition ist hierfür unmóglich, weil die Grenzen mit wachsender Erkennt-
nis neuen Tatsachenmateriales sich bestándig verschieben und man z. B.
heute kaum sagen kann, wie weit Radioaktivität und Atomphysik noch
besser in der Physik oder in der physikalischen Chemie oder als selb-
stándiger Wissenszweig besprochen werden sollen. Man behandelt zur Zeit
als „Physik“ im engeren Sinne die Abschnitte über: Mechanik, Aku-
stik, Wärme, Optik, Elektrizität und Magnetismus.
Schon aus dieser Einteilung geht hervor, daß ursprünglich die sinn-
liche Wahrnehmung, die für die Physik als Erfahrungswissenschaft
die Grundlage bildet, das Einteilungsprinzip geliefert hat, daß also
Naturerscheinungen, die wir mittels eines bestimmten Sinnes wahrnehmen,