Full text: Lechers Lehrbuch der Physik für Mediziner, Biologen und Psychologen

   
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Elektrische Strôme in Gasen AII 
  
Bei von Null an wachsender Spannung nimmt die Stromstärke zu- 
nächst proportional der Spannung zu (Teil I in Fig. 500), bei weiterer 
Steigerung von E wird das Anwachsen des Stromes langsamer, und schließ- 
lich erreicht die Stromstärke asymptotisch einen konstant bleibenden 
Endwert 5 (sogenannter ,,Sáttigungsstrom'), wie dies Fig. 500 an- 
deutet. Der Sátügungsstrom ist unter sonst gleichen Bedingungen 
(gleiche Stárke der Róntgenstrahlung), dem Volumen des Gasraumes 
proportional, verdoppelt sich also z. B., wenn die Distanz mm' verdoppelt 
wird, wáhrend im analogen Falle bei einem Elektrolyten der Widerstand 
verdoppelt, also die Stromstärke auf die Hälfte sinken würde. 
Schaltet man die Röntgenröhre aus, so erlischt der Strom zwischen m 
und m’ nicht sofort, sondern sinkt erst rascher, später langsamer und 
wird schließlich unmerklich klein. 
661. Gasionen. Man erklärt die Leitung in Gasen in ähnlicher Weise 
wie bei Elektrolyten durch das Vorhandensein von Ionen (vgl. 8 533). 
Die obengenannten Vorgänge bewirken eine Ionisierung des Gases, 
d. h. die Bildung von entgegengesetzt gleich geladenen Teilchen aus Gas- 
molekeln. Die Natur dieser Gasionen ist aber von der der elektrolyti- 
schen Ionen verschieden; man nimmt an, daß bei der Ionisierung eines 
Gases von einem Teil der vorhandenen Gasmolekeln zunichst negative 
Elektronen (vgl. $ 672) abgetrennt werden, so daß positiv geladene 
Molekülionen zurückbleiben. Sowohl die negativen Elektronionen als 
die positiven Molekülionen lagern mehrere neutrale Gasmolekeln an 
sich an und werden so zu komplexen Ionen oder ‚normalen Gasionen“. 
Da einander hinreichend nahe kommende Gasionen entgegengesetzter 
Ladung sich anziehen und zu einem elektrisch neutralen Teilchen ver- 
einigen (,Wiedervereinigung" oder ,,Rekombination' der Gas- 
ionen), tritt bei dauernder Wirkung eines ionisierenden Vorganges im 
Gas ein Gleichgewichtszustand ein, bei dem in der Zeiteinheit ebenso 
viele Ionenpaare neu entstehen, als durch Wiedervereinigung verloren- 
gehen. Nach Aufhóren des ionisierenden Prozesses verschwinden dann 
infolge der Wiedervereinigung alle noch vorhandenen Ionen. Die Zahl 
der pro Volum- und Zeiteinheit sich wiedervereinigenden Ionenpaare 
ist proportional dem Quadrat der Anzahl der jeweils vorhandenen. 
In einem elektrischen Felde bewegen sich die Ionen làngs der Kraft- 
linien mit einer Geschwindigkeit, die der Feldstàrke proportional ist. 
Die Geschwindigkeit bei der Feldstárke r NK heißt „Beweglichkeit“ 
der Ionen; sie beträgt in Luft normaler Dichte etwa 1,5 cm/sec. Bei 
Erhöhung der Feldstärke .wird die Zahl der stationär vorhandenen 
Ionen verkleinert, da neben der Wiedervereinigung die erhóhte Ab- 
scheidung an den Elektroden einen Ionenverlust bedingt. Im Grenz- 
falle bei sehr hohen Feldstárken gehen alle erzeugten Ionen an die Elek- 
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