Anwendungen auf homogene Systeme 51
endlichen kleinen zu einer unendlich kleinen Temperaturdifferenz
beider Körper ergibt.
Auch hier sind nicht nur isotherme Vorgänge, sondern
auch solche von variabler Temperatur mit einbegriffen. Für
letztere kommt man freilich mit einem einzigen Wàrmebehàálter
von konstanter Temperatur nicht aus, sondern man bedarf ent-
weder eines Körpers von. willkürlich veránderlicher Temperatur,
also etwa eines Gases, das man durch zweckmäßige Kompression
oder Ausdehnung beliebig erwärmt oder abkühlt, oder man ver-
wendet eine hinreichend große Zahl von Wärmebehältern ver-
schiedener bestimmter Temperaturen und setzt in jedem Augen-
blick gerade denjenigen in Funktion, welcher der gleichzeitigen
Temperatur des Systems möglichst nahe liegt.
$ 73. Die hohe Bedeutung dieser Betrachtungsweise be-
steht darin, daß man jeden „unendlich langsamen“ Prozeß auch
in entgegengesetzter Richtung ausgeführt denken kann. Besteht
nämlich ein Prozeß bis auf minimale Abweichungen aus lauter
Gleichgewichtszuständen, so genügt offenbar immer eine ebenso
minimale passend angebrachte Änderung, um ihn in entgegen-
gesetzter Richtung ablaufen zu lassen, und diese minimale
Änderung kann durch einen Grenzübergang ebenso ganz zum
Verschwinden gebracht werden. Denn ein bestimmtes Resultat
enthält immer auch einen ganz bestimmten Fehler, und wenn
dieser Fehler kleiner ist als jede noch so klein angenommene
Größe, so ist er notwendig gleich Null.
§ 74. Wir gehen nun über zur Anwendung des ersten
Hauptsatzes auf einen solchen aus lauter Gleichgewichtszuständen
zusammengesetzten und daher umkehrbaren Prozeß. Derselbe
läßt sich in einfacher Weise graphisch versinnlichen, dadurch
daß die Reihe der nacheinander durchlaufenen Gleichgewichts-
zustände des Systems als Kurve in eine Koordinatenebene ein-
getragen wird, auf deren Achsen die Werte der unabhängigen
Variabeln gemessen werden. Wir wollen als unabhängige Variable
zunächst das Volumen V (Abszissenachse) und den Druck p
(Ordinatenachse) anwenden. Dann entspricht jedem Punkt der
Ebene ein bestimmter Zustand der von bestimmter Natur und
Masse angenommenen Substanz, und jeder Kurve eine bestimmte
Reihe von stetig aufeinanderfolgenden Zustandsänderungen der-
selben. Denken wir uns also einen umkehrbaren Prozeß, der
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