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Ferdinand von Lesseps.
bis 1258) schufen damals, unter Benutzung des Timsah-Sees, zwischen der
Nilmündung und den mit dem Roten Meere natürlich verbundenen Bitter-
ſeen, eine selbst für die ägyptische Kriegsflotte paſſierbare Wasserſtraße, die
von den alten Ägyptern ,„ta tenat“’ (der Durchstich) genannt wurde, und die
ſich von Pibasſt oder Bubastis am Nil, dem jetzigen Zagasſig, durch das heut
Wadi Tumilat genannte Land Gosen der Bibel bis zum Timſsahsee erstreckte.
Als dann Ägypten von der stolzen Höhe ſeiner größten Blütezeit langſam
herabſank, ging auch die ſo wichtige Durchgangsstraße, vermutlich infolge von
Versandung, wieder verloren. König Necho, der von 609 bis 604 v. Chr.
regierte, und der einmal durch seinen Sieg von Megiddo und seine Niederlage
von Karchemiſch, ferner aber durch die von ihm ausgesſandte Expedition zur
Umſeglung von Afrika besonders bekannt ist, entschloß sich jedoch, die Ver-
bindung aufs neue herzuſtellen und einen Kanal zwischen Patumos am
Roten Meer und Bubasſtis am Nil zu bauen. Schon hatte dieſes gewaltige
Bauwerk, nach Herodots Bericht, 120 000 Menſchenleben gefordert, da
wurden die Arbeiten vor der Vollendung eingestellt, weil die Orakel weis-
ſagten, der Kanal werde nur den Barbaren nützen, womit die Phönizier
gemeint waren. 100 Jahre später aber wurde der von König Necho be-
gonnene Kanal, von dem uns eine Nachricht übrigens nur durch den nicht
immer ganz zuverlässigen Herodot überliefert worden ist, durch den großen
Persſerkönig Darius Hystaspes (521486 v. Chr.) im Jahre 517 vollendet
und nun lange Zeit hindurch abermals, wenn auch nur von kleineren
Schiffen, benußt, worauf König Ptolemäos II. Philadelphos (2861247
v. Chr.) und seine Nachfolger es ſich angelegen sein ließen, die Anlage
ſeit dem Jahre 285 v. Chr. noch wesentlich weiter auszugestalten und zu
verbeſſern, ſo daß die Durchfahrt nunmehr auch von großen Schiffen be-
fahren werden konnte, zumal da auch große Schleuſen eingebaut wurden.
Wie lange dieſer zweite Verbindungskanal zwiſchen dem Mittelmeer
und dem Roten Meer befahren worden ist, steht nicht ſicher fest. Es scheint
aber, als habe er, obwohl auch er einer fortschreitenden Verſandung unter-
lag, im ganzen etwa fünf Jahrhunderte lang den Zwecken der Schiffahrt
und des Verkehrs gedient; wenigstens sollen sich, der Überlieferung nach,
noch aus der Schlacht bei Aktium (2. September 31 v. Chr.) einige mit
Kleopatras Schätzen beladene ägyptische Schiffe ins Rote Meer geflüchtet
haben, wenn auch bereits die Mehrzahl den Kanal, vermutlich infolge
zu weit vorgesſchrittener Verſandung, nicht mehr passieren konnte.
Bald darauf muß jedoch die Wasserſtraße unbenutzbar gewesen ſein,
denn schon im Jahre 26 v. Chr. vermochten die Schiffe des Aelius