176 Henry Besſemer.
Lauf meines Lebens und ermöglichte es, daß eine noch weit größere Ände-
rung in dem Gebiet der Eiſen- und Stahlindustrie der Welt ſich vollzog
und mit ihr in dem Schickſal von Hunderten von Perſonen, die unmittel-
bar oder mittelbar damit in Verbindung stehen."
Beſsemers erfinderiſches Genie betätigte ſich noch mannigfach auf an-
deren, ihm zunächst ganz fernliegenden Gebieten. Die Bekanntschaft mit
einem Zuckerpflanzer von Jamaika, Mr. Cromartie, und das Vertraut-
werden mit deſſen Spezialwünſchen führte ihn im Jahre 1849 zur Kon-
ſtruktion einer Zuckerpreſſe, die ein Fachmann, Mr. Scott Russell, in der
„Society ok Civil Engineers“ mit den Worten einführte, „sie hat das Ver-
dienſt, in den Fabrikationsprozeß ein Prinzip eingeführt zu haben, das
gleichzeitig neu und von großer Schönheit ist, weil es das Gewicht und die
Schwere der Maſchinerie verringert“. Diese Gewichtsverminderung war
besonders deshalb von Wert, weil sie gestattete, mit größter Leichtigkeit
die Zuckerpreſſe in die Tropen zu ſchaffen, wo man natürlich allein Ver-
wendung für sie hatte. Dem Vortrag von Scott Russell wohnte u. a.
auch der Prinzgemahl Albert, der Gatte der Königin Viktoria, bei, der
Beſſemer zu ſich berief und ihm, mit Worten hoher Anerkennung, eine
goldene Medaille überreichte. ~ Wieder einer ganz anderen Industrie kam
ſeine Erfindung einer Maschine zur Herstellung von optiſchen Gläsern zu-
gute, die er nicht viel ſpäter konstruierte. Auch dieſe Erfindung war ſehr
aussichtsvoll, und Bessemer ging zeitweilig mit der Idee um, zu ihrer Ver-
wertung gemeinsam mit einigen Freunden und Kapitalisten eine eigene
große Fabrik zu bauen, für die ihm ein Freund, der Architekt Robert Longs-
don, auch bereits einen Entwurf anfertigte. Der Gedanke lag um so näher,
als ihm auch andere Erfindungen gelangen, die der Glasindustrie zugute
kamen. Da aber seine andere Tätigkeit ihn ſchon allzuſehr in Anspruch
nahm, entſchloß er ſich, die Idee fallen zu laſsſen und ſich mit dem Ruhm
der Erfindung und der Ausnutzung seiner Patentrechte zu begnügen. Es
iſt gewiß auch ein seltener Fall, daß ein Erfinder unter der Fülle seiner
neuen bahnbrechenden Ideen so zu „leiden“ hat, daß er ihre Verwertung
teilweiſe anderen überlaſſen muß!
Besſemer war durch ſeine Arbeiten und seine stets neuen erfinderiſchen
Ideen so in Anspruch genommen, daß er nur selten dazu kam, ſich einige
Wochen der Erholung zu gönnen. In seiner Selbſtbiographie tut er nur
einer derartigen größeren Vergnügungsreiſe Erwähnung, die ihn nach
Deutschland führte, und zwar an den Rhein und nach Süddeutschland. Mit
einem deutſchen Geſchäftsfreund zuſammen besuchte er zunächst Köln und