Henry Beſſemer. 193
ſchen Taten nichts einzuwenden; es konnte alſo nur Mißgunst und Neid,
vielleicht Konkurrenzneid, irgend eines sehr einflußreichen Nebenbuhlers
sein, der Besſemer mit so kleinlichen Nadelstichen verfolgte! – Auf die
Dauer freilich konnte man nicht die Augen abhſichtlich davor verſchließen,
welche ungeheuren Segnungen gerade England selbst aus der Einführung
des Besſemer-Verfahrens erwachſen waren. Im Jahre 1855, ein Jahr
vor Bekanntgabe des Besſemer-Verfahrens, produzierte England 50 000
Tonnen Stahl zum Preise von 250 bis 300 Pfund Sterling für die Tonne.
Siebenundzwanzig Jahre später erreichte die Stahlerzeugung Englands
den achtzigfachen Betrag, vier Millionen Tonnen; der Preis der einzelnen
Tonne hingegen betrug nur den ſechſten bis ſiebenten Teil von ehedem,
40 Pfund! So war die Verleihung des Adels an Beſſemer nur eine un-
umgänglich notwendige Anerkennung unſterblicher Verdienste, gegen die
auch das hitzigste Vorurteil sich unmöglich auf die Dauer blindstellen konnte!
Außerordentlich große Geldſummen floſſen Beſſemer jahraus jahrein
aus der Verwertung ſeiner Erfindungen zu. Von seinem Reichtum ſchuf
er ſich vor allem ein herrlich gelegenes, vornehmes Heim, das mit erleſen-
stem Geschmack und verſchwenderiſcher Üppigkeit ausgestattet war, das
ſogenannte Denmark Houſe auf Denmark Hill, wo Besſssemer ganz außer-
ordentlich gern weilte und ganz nach seinem Gefallen lebte und wirkte.
Ein wundervoller großer Garten mit See ſchloß ſich an das hochgelegene
Haus an, prächtige Kunstwerke zierten das Innere, und ein eigenes Ober-
vatorium befand ſich auf dem Grundstück, in dem Beſsemer oftmals seinen
Liebhabereien nachging. Dabei verfolgte er auch nach wie vor ſchwierige
techniſche Probleme, ja, die größten waren ihm eben gut genug, um ſseines
Geiſtes Schärfe daran zu erproben.
Ganz besonders eine rieſige Aufgabe war es, die ihn in ſeinen lettten
Jahren zumeist beſchäftigte, und deretwegen er hauptsächlich ſein Obser-
vatorium eingerichtet hatte: die techniſche Verwertung der Sonnentraft
für induſtrielle Zwecke. Bis aufs Jahr 1868 gingen Beſſemers Bemühungen
auf diesem Gebiete bereits zurück. Seine Idee bestand darin, die von der
Sonne ausgestrahlte Wärme zu konzentrieren und alsdann techniſch nutzbar
zu machen. Er erlangte in dieſer Hinſicht auch ſehr beachtenswerte Reſultate.
Nach den Angaben seines Sohnes, der gleichfalls den Namen Henry Beſſemer
führte, gelang es ihm, mit Hilfe ſeines „Sonnenofens“ so hohe Wärmegrade
zu erzeugen, daß er Stahl und Schmiedeeisen zu ſchmelzen vermochte! So ſoll
er einst ein Stück Stabeiſen von einem Fuß Länge, zwei Quadratzoll Quer-
ſchnitt und 13 Pfund Gewicht in seinem Sonnenofen, in den es im kalten
Hennig, Buch berühmter Ingenieure. 13
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