John Fowler. 203
marsſchall Sir Lintorn Symmons, ein Veto ein, weil nach ſeinem Dafür-
halten die Brücke, obwohl sie schon mit dreifachem Übergewicht geprüft
worden war, keine genügende Sicherheit bot. Vergeblich bemühte ſich
Fowler, den Kapitän zu anderer Meinung zu bringen und das Verbot der
Inbetriebnahme der Bahn rückgängig zu machen. Der Geſellſchaft lag
natürlich an einer möglichſt baldigen Eröffnung der Strecke, und als nun
die Erlaubnis hierzu von einem Monat zum anderen auf ſich warten ließ,
wurde Jie erklärlicherweiſe ungeduldig. Für Fowler, als den Bauleiter, war
die Situation höchſt fatal und bedrohlich; sein Ruf stand auf dem Spiel,
aber Symmons ging von seinem Standpunkt nicht ab. Die angesehene
Institution of Civil Engineers beschäftigte sich im Januar und Februar an
mehreren Abenden mit der Angelegenheit, und lebhafte Debatten, an
denen Fowler und Symmons teilnahmen, fanden zu wiederholten Malen
statt. So hitzig die Verhandlungen geführt wurden, ie hielten sich, nach
alter guter engliſcher Sitte, von der wir Deutschen noch so viel lernen
können, stets in einem vornehmen Rahmen, und die Gesetze der Höflich-
keit wurden nie durch perſönliche Grobheiten verdrängt. Ja, die an
dieſen Abenden zustande gekommene Berührung zwiſchen Fowler und
Symmaons führte zu einem stets reger werdenden perſönlichen Verkehr und
ſchließlich sogar zu einer langjährigen, herzlichen Freundschaft.
Der vorliegende Konflikt wurde beigelegt, als im März eine nochmalige
gemeinſame Unterſuchung der Brücke durch beide Parteien stattfand. Fowler
brachte noch ein paar vom Kommissionär gewünſchte Änderungen an, und
dann wurde am 25. April die Genehmigung zur Betriebseröffnung erteilt.
Somit hatte Fowler nichts von ſeinem Ansehen eingebüßt, und da in-
zwiſchen der berühmte Erbauer des Themſetunnels, Sir Marc JFſambard
Brunel, dem er in aufrichtiger Verehrung und Freundſchaft ergeben war,
am 12. Dezember 1849 gestorben war, wurde er sein Nachfolger als be-
ratender Ingenieur der „Great Western Railway“.
In dieser Stelle eröffnete ſich ihm ein weiteres und einflußreicheres
Wirkungsfeld. Er wies dem Eiſenbahn- und Brückenbau neue Wege, indem
er die eiſernen Schienen der Bahnen durch stählerne und die hölzernen
Brücken durch solche aus Eiſen und Stahl zu erſezen beſtrebt war. Seine
damalige Wirkſamkeit wird von einem zeitgenöſſiſchen Bericht folgender-
maßen geſchildert:
„Als Ingenieur hatte er natürlich manche, die ihm in wissenschaft-
licher Hinsicht gleichkamen, aber in praktiſcher Tätigkeit war er so hervor-
ragend, daß niemand ſich mit ihm messen konnte, und seine Art und