214 John Fowler.
Ingenieuren einen Ausflug zum ersten Katarakt, um zu untersuchen, ob
ſich hier nicht eine Durchfahrt für Schiffe künstlich ſchaffen und die sehr
lästige Unterbrechung der Schiffahrt an dieser Stelle unnötig machen ließe;
doch wurde aus dieſen Plänen nichts. Außerdem aber nahmen ihn Jahre
hindurch in noch viel intenſiverer Weiſe Kanaliſierungsarbeiten in der Nil-
mündung in Anſpruch. Es sollte ein großer Kanal von 240 engl. Meilen
Länge zwiſchen Alexandria und Kairo angelegt werden und ein weiterer,
etwa dem Zuge des alten Kanals der Pharaonenzeit folgend, im Bogen
von Kairo nach Suez. Der Zweck dieſer Kanäle sollte ein doppelter sein.
Erstens einmal wurden damit Bewäſserungszwecke für die vom Kanal durch-
zogenen Gegenden verfolgt; zweitens aber sollte auf diese Weiſe, da der
Kanal tief genug geplant war, um Schiffen eine Durchfahrt zu ermöglichen,
ein neuer Schiffsweg vom Mittelmeer zum Roten Meer geschaffen werden.
Es mag sonderbar erſcheinen, daß ein solches Riesenprojekt wenige Jahre,
nachdem der Suezkanal vollendet war, auftauchen konnte, aber man muß,
um die Frage richtig zu würdigen, bedenken, daß damals, in der ersten
Hälfte der ſiebziger Jahre, der Suezkanal noch franzöſiſch war, und daß
man in England (wie in der Leſſeps-Biographie näher ausgeführt worden
iſt) lange Zeit sehr ernstlich mit dem Plan umging, einen englischen
Konkurrenzkanal zum Suezkanal zu bauen. Ein Kanal, der Alexandria,
Kairo und Suez miteinander verband, hätte, troß erheblich größerer Länge
und Vermehrung der Fahrtdauer um einen Tag, dem Suezkanal ein unge-
mein gefährlicher Konkurrent werden können, zumal da er zwei Städte wie
Alexandria und Kairo berührte, und da er überdies, weil er auch noch andere
bedeutſame wirtschaftliche Zwecke zu erfüllen hatte und leichter in Betrieb
zu halten war, mit geringeren Durchfahrtsgebühren arbeiten konnte.
Der Kanal iſt bekanntlich nicht zuſtande gekommen. Schuld daran war
einmal die Tatſache, daß Fowlers Pläne zu einer Zeit auftauchten, als der
Khedive Jsmail Paſcha bereits in eine recht erhebliche finanzielle Bedrängnis
geraten war; dieſer Umstand aber hätte nicht den Ausschlag gegeben, da
England, wenn es noch Intereſſe an einem Konkurrenzunternehmen zum
Lesſepsſchen Kanal hatte, zweifellos tatkräftig eingegriffen hätte, um die
finanziellen Hindernisse zu beseitigen. Aber dieſes Intereſſe war bereits im
Schwinden begriffen oder ſchon geſchwunden. Schon waren Mittel und
î Wege gefunden, um den Suezkanal unter britiſche Kontrolle zu bringen
und ſchließlich ganz zu einem englischen Unternehmen zu machen. Beide
Faktoren wirkten zuſammen, um Fowlers Projekt hinfällig zu machen. Die
finanzielle Lage des Vizekönigs wurde auch sonst immer trüber; engliſche