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Nikolaus Riggenbach.
bachs war, gelegentlich eimer Medizinerversammlung in Olten, als ihm da-
ſelbſt ein solcher kleiner Unfall zugestoßen war, von seinem geschickten Vetter,
dem Mechaniker, den Fremdkörper aus dem Auge entfernen, unter Verzicht
auf die Hilfe seiner zahlreich vorhandenen ärztlichen Fachkollegen.
Auch in Paris lebte Riggenbach in angenehmem persönlichen Verkehr
mit drei anderen jungen deutschen Mechanikern, die aus der Schweiz, aus
dem Elſaß und vom Rhein stammten, und mit denen er ein gemeinſames
Logis bewohnte. Alle waren höchst strebſame junge Leute, die nach ihrer
Tagesarbeit, um sich weiter zu bilden, Vorleſungen im ,„Conservatoire des
Arts et Métiers“ besuchten und dann noch oftmals zu Hauſe bis Mitternacht
zeichneten, rechneten und das Gelernte wiederholten. Daſie mit ihren kärg-
lichen Mitteln nicht daran denken konnten, eigentliche techniſche Studien
zu treiben, engagierten Jie ſich einen älteren Studenten der Ingenieurschule,
um ſich von ihm in Mathematik, Mechanik, Physik und ähnlichen Diſziplinen
ein wenig weiterbilden zu lassen. Dem eifrigen Streben fehlte denn auch
nicht der Lohn: alle vier Zimmerkameraden wurden tüchtige und wohl-
habende Leute; einer von diesen Mechanikern, die dereinst nicht Geld genug
hatten, um ordentlich studieren zu können, der Rheinländer Kastor, brachte
es zum I5fachen Millionär und unterhielt in ſpäteren Jahren mit Riggen-
bach bis zum Tode einen freundſchaftlichen Verkehr.
In Paris war es auch, wo Riggenbach zum erstenmal eine Eiſenbahn
ſah; er wohnte der Abfahrt des ersten französiſchen Eiſenbahnzuges von
Paris nach St. Germain (26. August 1837) bei, und der Anblick der fahren-
den Lokomotive machte einen so tiefen Eindruck auf ihn, daß er den Wunſch
empfand, sich dieser neuaufkommenden Kunst ganz zu widmen. Er hatte
nun das Feld gefunden, auf dem ihm ſeine Lorbeeren blühen, auf dem er
Unvergängliches leisten sollte, und ein glücklicher Zufall ermöglichte ihm auch
raſcher, als er es zu hoffen gewagt, seinen Herzenswunſch zu erfüllen.
Es war die Zeit, in der das neue, wunderbare Verkehrsmittel der
Eisenbahn die Geister der Kulturmenschheit faſt in einen Taumel versetzte.
Die vorhandenen Maſchinenfabriken erfuhren einen gewaltigen Aufschwung
und mußten sich bedeutend erweitern, um den gesteigerten Ansprüchen
gerecht zu werden. So kam denn auch eines Tages Herr August Ehrhardt,
der Direktor der Keßlerſchen Maschinenfabrik in Karlsruhe, nach Paris,
um für sein Etabliſſement ein paar tüchtige franzöſiſche Mechaniker zu
engagieren, die damals, im Gegensat zu heute, ihren deutschen Fachkollegen
an Geschicklichkeiten und Kenntnissen zumeist überlegen waren. Herr Ehr-
hardt engagierte nun u. a. zwei Franzosen, die mit Riggenbach befreundet