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Otto Intze.
des Talſperrenbaus in allen dafür geeigneten Gegenden mit unbedingter
Sicherheit vorausgeſagt werden kann.
Der Mann nun, der in neuerer Zeit mehr als irgendein andrer dazu
beigetragen hat, die an Jich ſchon sehr alte Kenntnis des Talſperrenbaus
auf eine moderne wissenschaftliche und techniſche Grundlage zu ſtellen
und die Talsperren gewiſsermaßen populär zu machen, war der vor einigen
Jahren verstorbene Profeſſor Otto Intze, ein Mann, dessen außerordent-
liche Verdienſte um die Volkswohlfahrt heute noch von einem viel zu
kleinen Kreiſe in vollem Umfang erkannt und gewürdigt werden.
Intze war ein Akademiker im besten Sinne des Wortes, ein hervor-
ragender Ingenieur, der gleichzeitig ein berühmter und beliebter Hoch-
ſchulprofeſſor war, und zwar einer von den wenigen, die während des weit-
aus größten Teiles ihres Lebens an einer und derselben Stelle ſchaffen und
wirken. Otto Adolf Ludwig Intze war ein Mecklenburger Kind. Sein
Vater, Dr. Ludwig Inte, war ein praktiſcher Arzt in dem kleinen Örtchen
Laage in Mecklenburg-Schwerin, und hier erblickte auch ſein Sohn Otto
am 17. Mai 1843 das Licht der Welt. Um die Möglichkeit zu haben, eine
höhere Schule zu besuchen, die in Laage nicht vorhanden war, wurde
Otto nach Güſtrow geschickt und beſuchte hier die Oberrealſchule. Nachdem
er von der Schule abgegangen war, mußte er zeitig daran denken, auf
eigenen Füßen zu stehen, und er benutzte weise die Zeit, um ſich ſowohl
praktiſch wie theoretiſch auf seinen künftigen Beruf vorzubereiten.
Das praktiſche Studium machte er aus gewiſſen Gründen in Rußland
durch. Friſch von der Schulbank weg begab er ſich in die sogenannten
baltischen Provinzen des Zarenreiches und war hier bei dem Neubau der
Bahnlinie von Riga nach Dünaburg tätig. Volle zweieinhalb Jahre währte
dieſe Zeit der praktischen Ausbildung; erst im Herbſt des Jahres 1862 kehrte
Otto Intze nach Deutschland zurück, um nun zu den in der Praxis gewonne-
nen Erfahrungen auch die theoretiſche Grundlage ſich zu verſchaffen. So
bezog er nunmehr das Polytechniſche Institut (die heutige Techniſche
Hochſchule) in Hannover und arbeitete hier vier Jahre lang mit großem
Fleiß und nicht minder großen Erfolgen. Die Abſchlußprüfung bestand er
im Jahre 1866 mit Auszeichnung. Vorher ſchon war ihm für eine wissen-
schaftliche Arbeit der erſte Preis des Instituts verliehen worden, bestehend
in einer silbernen Medaille mit zugehörigem Diplom. Er hat auf diese
seine erste öffentliche Anerkennung zeitlebens ganz besonderen Wert gelegt.
Im Winter 1866/7 erhielt er ſeine erste Anstellung als Lehrer an
der Herzoglich Braunſchweigiſchen Baugewerkschule in Holzminden an der