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dieses Buches, in den Biographien von Eads, Ericsson und Beſſemer
betont wurde), wollte den 590 qkm großen Bodensee durch eine Regulie-
rung seines Abfluſſes zum rieſigſten Staubecken ganz Europas machen.
Der Gedanke iſt in der Folge noch mehrfach aufgetaucht und wird auch
gegenwärtig noch oftmals eifrigſt erwogen; doch ist er bisher nicht verwirk-
licht worden.
Erst in den achtziger Jahren beginnt die neue Talſperrenbewegung auch
in Deutſchland langſam festen Fuß zu faſſen. Als ältestes Bauwerk dieser
Art entstand in den Jahren 1883 bis 1887 ein Staubecken im Tal der Doller
bei Alfeld in den Vogesen, das nach H. Fechts Angaben hergestellt und
im Jahre 1888 dem Betrieb übergeben wurde. Doch dieser einmalige
Verſuch hätte wohl in andren deutſchen Ländern, insbesondere in Nord-
deutschland, noch lange keine Nachahmung gefunden, wenn nicht eben
Otto Inte, in voller Erkenntnis der ungeheuren Tragweite der Frage
für Volkswohlfahrt und Induſtrie, ſich mit der ganzen Wucht seiner Autorität
der Angelegenheit angenommen und die Anlage von Talsperren durch-
geſett hätte. Es war hier nur ein kräftiger Anstoß nötig, um die Bewegung
„alsdann lawinengleich weiter und weiter anschwellen und um ſich greifen
zu laſsen, denn die außerordentlich großen Vorzüge der Talſperren für
die betreffende Gegend mußten sogleich ſo in die Augen springen, daß
der erſten Anlage ganz von selbst weitere in raſch wachſender Zahl folgen
mußten.
Jm Eſchbachtal bei Remſcheid im Bezirk Düsseldorf entstand die erste
Talſperre Norddeutschlands, die erste, die Intzes Anregung ins Leben
rief. Am 4. Mai 1889 wurde mit ihrem Bau begonnen, im November 1891
war sie fertiggeſtell. Die Sperre von Remſcheid (Abbildung umſstehend),
die älteſte Sperre Norddeutschlands, gehört zu den kleineren ihrer Art:
das Staubecken hat nur wenig mehr als 1 Million Kubikmeter Faſſungs-
vermögen, die Sperrmauer, welche den künstlich geſchaffenen See ab-
ſchließt, iſt 160 m lang und erhebt ſich 25 m über die Talſohle. Die Kosten
der Anlage betrugen 536 000 Mark.
Inmr Rheinland und in Westfalen, alſo im eigentlichſten Wirkungsgebiet
Intes, ſind im Anſchluß an die Remſcheider Sperre raſch zahlreiche weitere
Staubecken geſchaffen worden. Die dortige Gegend ist für derartige Werke
der Ingenieurkunst ganz besonders gut geeignet; das Land ist großenteils
bergig und birgt bekanntlich viele der Hauptinduſstriebezirke Deutſchlands, ſo
daß die doppelte Wirkung der Talſperren, der Schutz vor Überschwemmungen
und die Ausnützung der Wasserkraft zu industriellen Zwecken, dort besonders