Full text: Das Buch berühmter Ingenieure

  
  
  
  
  
  
  
     
268 Otto Inte. 
unbeträchtlich ſind, ſo können die vorhandenen Waſsſerkräfte in großzügigem 
Maßſtabe gleichzeitig den Schiffahrtsintereſſen und etwaigen induſtriellen 
Zwecken dienſtbar gemacht werden. Eine Vereinigung beider Bestrebungen 
iſt ſtets eine recht ſchwierige Aufgabe, denn es besteht zwiſchen den Bedürf- 
niſſen der techniſchen Auswertung von Wasserläufen und den Anforderungen 
der Schiffahrt, wie auch den Wünſchen der landwirtsſchaftlichen Anlieger 
der Wasserläufe oftmals ein recht fühlbarer, der Sache ſelbsſt erheblich 
ſchadender Gegensatz. Es iſt dies begreiflich, wenn man z. B. nur bedentt, 
daß die Technik am liebſten mit möglichst starkem und kräftigem Gefälle 
arbeitet, während die Schiffahrt umgekehrt Wert auf eine möglichſt ſchwache 
Strömung und tunlichſt geringes Gefälle legt. Die verschiedenartigen 
Interessen miteinander zu vereinen, wird eine der vornehmſten Zukunfts- 
aufgaben auf dem Gebiete des Waſserbaus sein. Jede einſeitige Über- 
ſpannung der Ansprüche muß notwendig zu einer Beeinträchtigung des 
Gemeinwohls führen, zu einer Verminderung des erreichbaren Maximums 
an wirtſchaftlicher Ertragsfähigkeit. Ein Beispiel dafür bietet die Geschichte 
des einen Maſuriſchen Kanals in Ostpreußen, der zwiſchen Priſtanien am 
Mauersſee und Allenburg an der Alle projektiert iſt und jetzt zur Ausführung 
gelangen soll, nachdem der bereits seit 1875 ſchwebende Plan bisher noch 
nicht verwirklicht werden konnte. Intze berechnete schon im Jahre 1894, 
daß man mit Hilfe des im Durchſchnitt etwa 109 m starken Gefälles 
zwiſchen dem großen Mauersſee und der Alle unter Umständen elektrische 
Kraft im Betrage von etwa 1012 000 Pferdekräften müſſse gewinnen 
können; und daß man eine ſolche techniſche Verwertung sehr wohl ins 
Auge faſſen könne, ohne die Intereſſen der Schiffahrt zu beeinträchtigen, 
hat ſpäter Mohr in eingehenden techniſchen Gutachten dargelegt. Dennoch 
hat der Widerſtand der Schiffahrtsintereſſenten und der Landwirte in 
den betreffenden Gebieten, insbeſondere derjenigen an der Deime und am 
Pregel, die aus dem Abfluß der Kraftwerke einen Schaden zur Hochwasser- 
zeit befürchteten, es durchgeſett, daß aus dem endgültigen Regierungs- 
entwurf zur Schaffung jenes Maſuriſchen Kanals die Kraftgewinnung voll- 
kommenausgeſschaltetwordenisſt. Tatſächlichwarendieſe Befürchtungen gegen- 
ſtandslos, und die Landwirte haben ſich mit ihrem erfolgreichen Widerſtand 
ſicherlich ins eigene Fleiſch geſchnitten, insofern als ſie ſich nun der Mög- 
lichkeit beraubt haben, für ihre Betriebe billige elektriſche Kraft zu erhalten. 
Intzes Arbeiten über die oſtpreußiſchen Waſserverhältniſſe haben 
leider nicht entfernt die gleichen praktiſchen Folgen gezeitigt, wie die An- 
regungen, die er den Provinzen Westfalen, Rheinland und Schleſien gab. 
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
	        
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