Full text: Das Buch berühmter Ingenieure

    
Max von Eyth. 279 
eingetroffen und damit seine lezte Hoffnung auf eine Anstellung in Belgien 
begraben. Schon dachte er daran, in die Heimat zurückzukehren, zumal da 
ihm auch ein Freund aus England dringend abriet, etwa hinüberzufahren 
ins alte Muster- und Idealland des Maſchinenbaues. Trüben Herzens, 
daß ſeine frohen Hoffnungen so jäh zerflattert waren, und daß seine Studien- 
reiſe ſo unerwartet zeitig ein Ende erreichen sollte, raffte er ſich zu dem Ent- 
schluß auf, tatſächlich umzukehren und das alte Leben in der Kuhnſchen 
Fabrik, dem er ſich fast fluchtartig entzogen hatte, wieder aufzunehmen. 
Um aber wenigstens etwas von England kennen zu lernen, dem er so nahe 
war und das er nun leider nicht ſehen sollte, bestellte er ſich zu seinem 
einfachen, aus einer Wurst bestehenden Abendessen eine Flaſche englisches 
Ale, das er bis dahin noch nie getrunken hatte. Durch ein Versehen des 
Zimmermädchens erhielt er statt des Ale eine große Flaſche Sherry und 
trank dieſe aus, in der Meinung, daß es Ale sei; zwar wunderte er ſich über 
das sonderbar schwere Bier, das man in England trinkt, und mußte ſich s elbſt 
gestehen: „Jch glaube, drei Flaſchen könnte ich beim besten Willen nicht auf 
mich nehmen“, aber er trank doch die Flaſche leer und wurde nun mit einem 
Male merkwürdig unternehmungslustig: das Land, wo dies köstliche Ale 
zu Hauſe sei, müsse er doch selber kennen lernen ~ und mit einem Male 
war der Entſchluß in ihm gereift: Auf nach England! 
Die Verwechselung der Getränke, die das Zimmermädchen begangen 
hatte, wurde entscheidend für sein ganzes Leben. Am Tage nach dem 
ungewöhnlich schweren Abendtrunk ging er daran, den im Rauſch gefaßten 
Beschluß in die Tat umzusetzen: er ſchiffte ſich nach London ein und gelangte 
nach einer unruhigen Fahrt, deren Einzelheiten er im „Blinden Passagier" 
unbeschreiblich komiſch schildert, in das Paradies des Maschinenbaus, das 
ihm nun fast zur zweiten Heimat wurde. Zunächst ging es ihm freilich auch 
hier noch keineswegs sehr erfreulich, zumal da seine Kenntnisse in der eng- 
liſchen Sprache bis dahin noch recht mangelhaft waren; trot seiner glänzen- 
den Empfehlungsſchreiben gelang es ihm monatelang nicht, eine Anstellung 
zu finden. Da reiste er im Juli 1861 nach Leeds, um die von der „„Royal 
Agricultural Society of England“ daselbst veranstaltete Jahresaussſtellung 
landwirtsſchaftlicher Produkte kennen zu lernen, und bei dieser Gelegenheit 
führte ihn der Zufall mit dem Mann zuſammen, der ſeinem Leben nun für 
lange Zeit die entscheidende Richtung gab, mit John Fowler, dem Erfinder 
des Dampfpflugs (1826-1864) *). Die Verbindung mit Fowler brachte 
*) Dieser John Fowler darf nicht verwechſelt werden mit dem gleichnamigen 
Erbauer der Forth-Brücke, von dem ein früheres Kapitel (S. 196227) handelt. 
  
     
    
    
  
    
    
     
   
    
   
   
  
     
	        
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