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Max von Enyth.
unbegreiflich, mag ſchrullenhaft und lächerlieh erſcheinen, aber man höre
nur einige wenige der Tatſachenbeweiſe, die Smyth und mit ihm Eyth
für die Richtigkeit der unglaublich anmutenden Hypothese anführen, und
man wird zugeben müssen, daß die ſcheinbar wilden Ausschweifungen der
Phantasie merkwürdig gut fundiert ſind.
Zunächst soll die Pyramide den Beweis enthalten, daß den alten Ägyp-
tern der Wert der ſog. Zahl x, welche angibt, wie oft der Durchmesser
eines Kreiſes in ſeinem Umfange enthalten ist, mit der außerordentlich
großen Genauigkeit bis auf fünf Dezimalstellen bekannt war. Die be-
rühmte Zahl x ſtellt einen unendlichen, unperiodiſchen Dezimalbruch dar,
deſſen erſte zwanzig Stellen lauten: 3,14159265358979338328 . .. Die
genaue Kenntnis und Berechnung dieſes Wertes datiert erſt aus den letzten
paar hundert Jahren; im Altertum und Mittelalter kannte man nur ent- .
weder den rohen Annäherungswert 3 oder aber allenfalls noch die aller-
erſten Dezimalen des wahren Wertes. Und nun ſoll in der Pyramide der
Beweis zu finden sein, daß die Ägypter bereits den durch hohe Genauig-
keit ausgezeichneten Wert 3,14159 für r kannten. Durch überaus genaue
Unterſuchungen ließ ſich nämlich feststellen, daß die Pyramide in ihrer
urſprünglichen Gestalt eine Seitenlänge von 763,81 engl. Fuß (232,16 m),
eine Neigungsfläche von 50° 51’ 3” und demnach eine Höhe von 486,2567
Fuß (147,80 m) gehabt haben muß. Es ist nun allerdings überaus frappie-
rend, daß der geſamte Umfang der Pyramidenbasis zur Pyramidenhöhe
ganz genau im Verhältnis des Kreisumfangs zum Kreisradius ſteht, oder
mit anderen Worten: der Baſisumfang dividiert durch die doppelte Höhe
(Kreisdurchmesser = doppelter Radius) ergibt ganz genau die Zahl 3,14159.
Aber noch nicht genug mit dieſer wunderbaren Tatsache, bei der man aller-
dings wohl ein rein zufälliges Zuſammentreffen mit Sicherheit auszu-
ſchließen vermag! – Denkt man ſich einen Kreis, deſſen Durchmesser der
Höhe der Pyramide entſpricht, eingeteilt in genau so viele Teile, als das
Sonnenjahr Tage zählt, nämlich 365,2422, ſo erhält man das CEinheits-
maß, nach dem alle Teile der Pyramide ſichtlich in ihren LängendimenJionen
bemessen worden ſind, Smyths sog. „Pyramidenmeter“, und dieſes Ein-
heitsmaß, das 25,025 engl. Zoll entspricht, iſt merkwürdigerweiſe ganz
genau der zehnmillionſte Teil der halben Polarachſe der Erdkugel. Dem-
nach wäre das Einheitsmaß des Erbauers der Cheropspyramide noch besſſer
und vollkommener gewesen, als das von den Franzoſen im 18. Jahrhundert
eingeführte Maß des Meters, der dem vierzigmillionſten Teil des Pariſer
Meridians entſprechen ſollte!