96 James Buchanan Eads.
lichen Kultur zugute gekommen waren. Es ſicherte ihm im engeren Kreise
den Ruf als tüchtiger und zuverlässiger Ingenieur, genügte aber noch keines-
wegs, um die Aufmerkſamkeit der ganzen Fachwelt auf den Mann zu
richten, der ſich von beſcheidenſten Anfängen zu einem der ruhmreichſten
Ingenieure der Vereinigten Staaten aufschwang. Er war jetzt, 1867,
47 Jahre alt, doch seine bedeutendsten Großtaten als Ingenieur begannen
erſt mit dieſem Jahr. Wieder war es sein geliebter Miſſiſſippi, dem noch
für lange Jahre seine neuen Ideen galten, und dem er jett erſt die größten
Dienste erweisen ſollte.
1867 hielt er in St. Louis vor einer Ingenieurverſammlung einen
Vortrag über Verbesserungen des Verkehrs auf dem Miſſiſſippi und an
ſeinen Ufern. Bald darauf bildete ſich eine „St. Louis Company“, deren
Chefingenieur Cads wurde, und die es sich zur Aufgabe machte, bei St. Louis
eine Brücke über den breiten Strom zu bauen. Um die Schiffahrt nicht zu
beeinträchtigen, sollte die mittlere Spannung auf 520 Fuß (158 m), die
beiden seitlichen 502 Fuß (153 m) frei schweben, und zwar in 50 Fuß (16,7 m)
Höhe über dem Wasser. Eine derartige Leistung hatte die Technik bis dahin
noch nie vollbracht. Eads hatte die Aufgabe, den Plan für die Brücke zu
entwerfen. Seine Vorschläge wurden aufs gewiſssenhafteste geprüft, aber
man fand daran nichts anderes auszusetzen, als daß ſie unnötig strenge
Bedingungen sich vorgesetzt hatten. Die Brücke sollte auf zwei gemauerten
Uferpfeilern ruhen, die auf Felsgrund standen; der eine von ihnen mußte
durch eine 90 Fuß dicke Schlamm- und Sandschicht hindurch 110 Fuß tief
unter dem Waſserſpiegel fundamentiert werden. So tief unter Waſſer war
noch nie zuvor eine techniſche Arbeit ausgeführt worden.
Es ſoll hier nicht auf die technischen Einzelheiten des Baues eingegangen
werden, an dem neben Eads vor allem Henry Flad hervorragenden Anteil
hatte. Unendlich zahlreich waren die Schwierigkeiten, die überwunden
werden mußten, und oft genug wandelte Eads dabei auf techniſchem Neu-
land, wo er sich ſelber noch nicht vorhandene Pfade ſuchen mußte. Sieben
volle Jahre wurde er durch den Bau in Anspruch genommen, aber das
Reſultat war auch ein wahres Wunderwerk der modernen Technik: die
insgesamt 680 m lange Washington-Brücke von St. Louis, die den auf dem
Westufer des Flusſſes gelegenen Hauptteil der großen Stadt mit der öſtlichen
Stadt (Cast St. Louis) verbindet, ist eine der großartigsten Brücken der
Welt und verschaffte ihrem genialen Erbauer nach des Brooklyn-Brücken-
Erbauers Röblings Tode (22. Juli 1869) den Ruf als erster Brückenbau-
ingenieur der amerikaniſchen Union. Eine Eigenheit der Wasſhington-Brücke