Bethniann Hollwegs Kriegsreden *).
Durch die Verhandlungen vor dem
des Reichstags 1st die Politik und die Person des Reichskanzlers
v. Bethmann Hollweg wieder in den Vordergrund des óllent-
lichen Interesses gerückt. "Von neuem ist der Kampf für. und
wider diesen Mann entbrannt. Vielleicht, dass die Zahl seiner
Untersuchungsausschuss
Freunde ein wenig kleiner geworden ist, weil sie glauben, dass
der Kanzler tatsächlich nicht imstande war, den seiner Politik
entgegengeriehteten Sirömungen @enügend Widerstand ent-
gegenzusetzen. Wie bei der. Besprechung
lungen" hier gesagt wurde, dass er allzu. sehr bestrebt war, zu
vereinen, was sich nicht vereinen wollte, zu versóhnen, was nicht
zu versóhnen war, so müssen wir auch heute wiederholen, dass
sein Ausgleichwille dem Deutschen Reiche zum Verhüngnis ward.
Bethmann Hollweg fiirchtete, den Siegerwillen und die Sieges-
zuversicht zu lihmen, wenn er seine politische Ansicht, zu der
ihn der Gang der Ereignisse, kommen liess, der Meinung der
Militärs allzu schroff enlgegerfsetzte. Dieser Mangel an"Be-
kennermut mag einem Misstrauen an der politischen Reife des
deutschen Volkes entsprungen sein. Und in der Tat hat das
deutsche Volk während des Krieges eine politische Einfältigkeit
an den Tag gelegt, die in so krasser Weise wohl bei keinem
anderen Volke denkbar ist. Die wenigen, die der Politik
Geltung zu verschaffen suchten, standen mit wenigen allein. Bei
jede m neuen Siege ergoss sich ein Strom von Schmähungen über
sie, Allein die Namen Hindenburg und Ludendorif standen in
Ansehen. Wir wollen die Leistungen dieser beiden Münner
ebensowenig he 'rabse tzen wie die Le istung des einfachen Soldaten
seiner ,Betrach-
o'¢
im Felde Aber sie waren bei all ihrer strategischen und mili-
türischer Grüsse (und wohl besonders wegen dieser) nieht imstande,
die politische Bedeutung des Krieges zü erlassen. Sie
konnten und wollten nicht verstel jen, dass ein Krieg im 20. Jahr-
Waffen entschieden
in kindlicher Weise glaubten sie an. die
Allmacht des Schwertes. Und weil ja die politische Erziehung
des deutschen Volkes einer solchen Ansicht den Boden bereitet
hat, auch bei denen, die heute den Krieg überhaupt durch eine
Vereinigung der Proletarier aller Länder glauben bekämpfen zu
hundert nicht alleim durch die Gewalt der
werden kann; in naiver,
können, konnten die Militärs ein Uebergewicht im Volke be-
kemmen. Hier ein Gegengewicht in die Wagschale zu werfen,
wiire die Aufgabe des politischen Führers gewesen. Er hätte es
tun müssen, selbst auf die Gefahr hin, den Kampf der Geister
lichterloh zu entbrennen, er hätte es tun müssen, weil die tiefere
Erkenntnis vom Wesen des grossen Krieges seinem Handeln das
Recht verliehen hätte. Aber diese tiefere Erkenntnis war wohl
doch nicht in voller Stärke vorhanden. Fr schwankte allzu-
sehr zwischen Hoffen und Fürchten. Er hoffte auf den
erossen Sieg der Waifen, der scin Fürchten grundlos mache.
Diese Hoffnung zerschlug sich, weil sich die Zeiten gewandelt
hatten. Wir stehen heute vor anderem politischen Denken, dem
sich auch die Entente trotz ihrer Siegergebärde nicht wird ent-
ziehen können.
Dieser innere Zwiespalt in dem früheren
Bethmann Hollweg spiegelt sich in seinen
wider, Man ei upiindet das heute,
als damals, da sie gehalten wurden.
hatte eine vertrauende Gemeinde,
Reichekanzler
Kriegsreden
nach der. Katastrophe, mehr
Denn Bethmann Hollweg
die auf die grosse Stunde
*) Bethmann Hollwegs Kriegsreden. Herausgegeben
und historisch-kritisch Sineeleitet von Dr. Friedrich Thimme.
(Deutsehe Verlagsanstalt, Stuttgart und Berlin. 1919.)
"lung warlete. Umsonst, er fand das Wort
nicht. Das tiefere Grund, weshalb in letzter Stunde
auch seine F das Vertrauen und den Glauben verloren,
Friedrich. ime, der uns während des Krieges manche
oute Arbeit | àkt hat, der einer der ersten war, die den
Konservalive Halt zurieten, er hat Jetzt fiir den Geschichts-
$sen Krieges und seiner Zeit eine wertvolle
Die Kricesreden Bethmann Hollwegs ent-
Wendungen und Anspielungen für den
4 nhaltspunkte zur Auffindung der W ahrheit
Thimme hat sie h der miihevollen Arbeit
zelne Rede mit einer Einleitung zu ver-
politische Situation darstellt, aus der heraus
urde. Und jede Rede ist mit einer Fülle von
hen, die die Andeutungen des Kanzlers dem
mit aber begnügte sich der Herausgeber
hlusse jeder einzelnen Rede auch an, welehe
' Oetlentlichkeit und in der Presse gefunden
schreiber des
Vorarbeit geleis
halten. in m
Historiker wieh
und zu Verg
unterzogen, jede
sehen, die kurz
die Rede gehalter
Anmerkungen Ve
ped. sie i
hat. Da er ferner ie Stimmung w iedergibt, auf die die einzelne
Rede im Aus im feindlichen wie Im neulralen, gestossen
ist, so enthält das Buch, dessen Bedeutung weit über dem Durch-
steht, in driingter Form eine Geschichte der Bethmann,
schnit
Thimme hat sein Werk auch
lung versehen, die eine Darstellung” der
enisse vor dem Kriege enthält. Im dieser
ich, den früheren Reichskanzlet von dem Vor-
dass er nicht alles getan habe, um den
Er stellt sich auf den Standpunkt, den
seinerzeit (15. Juli" 1917) im ,Berliner Tage-
blatt“ eingenommen hat: „Der Weltkrieg ist zu neun Zehnteln
die Wirkung v sachen, die Bethmann Hollweg angetroffen
hat, und die Folge von Stimmungen, die er nicht hervorgerufen,
sondern bekämpft hat.” Besônders sucht Thimme auch die
Legende zu zerstürer , dass Bethmann Hollweg ein Trüumer und
ein Phantast war, dass er, blind vertrauend und als unklarer
Philosoph nd, den Dingen ihren Lauf liess und nicht vor-
bereitend und Zukunft schend seimmAmt verwaltet hat.
Thimme will : nieht ein Verteidiger Bethmanns sein, son-
seiner Politik, die er an manchen Stellen auch
i So verkennt er nicht, dass ‘der frühere
orsichtig bei der Auswahl seiner Helfer war.
Allerdings sind ¢ kritischen Betrachtungen selten. Im ganzen
genommen stellt er der Politik des Kanzlers das Zeugnis aus,
dass sie bestrebt war
mehr zu vermeiden war, entgegengesetzte Meinungen zw einen,
wenigstens so lange, bis das Zicl, der Friede, erreicht war. Das
aber gerade war Unmógliche. Bethmann stand am Eingang |
zu einem neuen Zeitalter; seine Kraft reichte nicht aus, die
ehernen Tore zu öffnen. Sein Glaube an das Neue, das Zu-
künftige war noch gebunden an die sterbende Gegenwart, deren
nahes Ende er nichi ahnte, wie leider alle, die. während des
grossen Krieges die Geschicke unseres Vaterlandes in Händen
hatten. Aber -niemand ist verpflichtet, ein Bahnbrecher, ein
Reformator zu sein. Bethmanh Hollweg stand fest im Denken
seines Volkes, d diesen Krieg noch mit alten Anschauungen
ging. Und auch heute steht das neue staatliche und politische
Denken nicht hoch im Wert, auch heute noch trennen sich die
Geister und befehden sich in selbstzerfleischendem Kampfe. Es
ist das Schicksal unseres Volkes, dass ihm an der Zeitenwende
cin Zaudernder, Gebundener beschieden war. Auf den
Sehreitenden, den Freien harrt es noch!
chskanzler schaît.
w Ael sel
macht er dem Ve
wurf freizuspre
Krieg zu verhüt
Conrad Haussm
Kanzler oit un
p
Bruno Stüm'ke.
; den Krieg zu vermeiden und, als. er nicht“
-
26. November
Der letzte Zar! |
Oxenstiernas Wort an seinen Sohn, dass die Welt mit so 1 |
Weisheit regiert werde, beweist von neuem das Leben un |
„Regierung oskunst* des letzten Zaren aus dem Hause Rom:
Nikolaus iL, in einer Welt des Scheins und der Unwirklie
erzogen, war der schwüchste und erblieh stark belastete
fahr dieses unglückliche n Herrscherhauses, dessen Weg dure
Jahrhunderte ein Meer von Blut bezeichnete, Wie jener |
Franzosenherrscher vor der grossen Revolution, so biisste
er mit für die Sünden seiner Vorfahrene“ Für all die Untatei
ein sittlieh ver morschtes Haus, das über grösste Machtvollkom
heit vertügle, über ein Hunder imitlionenvo Ik gebracht hatte.
Frage der Schuld dieses. lelzten Zaren am Weltkriege klär
Buch , ‚Nikolaus IL# von Otto Sommerfeld im \
lagshaus Continent“ G. m. b , Berlin, dahin, i |
der schwiichliche, wankelmiitige und vor allem feige € har "
des Selbstherrschers aller Reussen seinen sittlich verkomm
Helfern keinen Widerstand entgegensetzte. Nikolaus II,
hierin- liegt seine Sehuld — war einer jener schlechten Desp
eharaktere, deren Lebensnerv durch übertriebene Sehmeichele
ihn Umeebenden vóllig verderbt wurde.
Derselbe Zar, der den Fr iedenspalast zu Haag schuf, zó
nicht, wenn es galt, Zehntausende dureh einen Federstrich i |
todbringende Wüste Sibiriens auf Lebenszeit zu senden. |
Anteil an der Entfesselung des Weltkrieges ist durch die |
öffentlichten Dokumente klargestellt. Den Frieden im M
aber den Krieg und Kampf im Herzen, so rannten er und |
Helfershelfer in jahrelanges Massenunglück hinein. Für |
dumpfe, tonlose Seele der beste Beweis ist schliesslich die
schichte seiner Abdankung, die er aus Fureht vor persónli| I.
Ungemach, um sein àármliches Leben zitternd, mit gra [ s à
Schnelligkeit, ohne tiefere Erschütterung, vollzog. Dann in | :
unwirtlichen Gefilden Sibiriens, sah er in “den letzten Tagen s
Lebens all das Elend, das er und seine Vorfahren über J
tausende ohne Ueberlegung heraufbeschworen hatten. Al:
roten Henker kamen, sahen sie keinen Kaiser und Weltherr: |
mehr vor sich, sondern einen schuldbeladenen, todesfurcht zil
den Menschen, dessen Lippen das vergebliche Wort Gnade, -
er selbst nie kannte — gestammelt haben mögen. Sein To
der Untergang eines Zeitalters, das jetzt schon “den Zeitgen« | 2
kaum glaublich mehr erscheint, aber bei den künftigen man Lu
schlechtern zur Epoche des Mittelalters gerechnet werden di : \
« Wilhelm der Letzte und seine Vorfahren nannten die russi:
Zaren ihre treuesten Freunde, und es ist tatsäc n
ihre "aulrichtige Ueberzeugung gewesen, dass Russen- d >,
Preussenzar zueinander gehôren, um das politische Erwache:
Vôlker hintän, zu halten, So musste aus einer Art gescl se
licher Logik. heraus der Untergang der Zarenepoche auch
Ende der Hohenzollern bedeuten. Helmuth Zelenk
„Die Leipziger Technischen Messen“, Band II, pea p
gabe a und. b. (AlTgemeine Verlagsges »
schaft, München.) UM
Die beiden jetzt vorliegenden Bünde, in denen über die | za
ziger Technischen Messen berichtet wird, enthalten Aueh i
essante Ausführungen und Abbildungen aus, verwandten
bieten. Unter anderen bieten sie eine Monographie über
aktuelle und wichtige Thema Eisen und Stahl. Die Darste
wird durch Bilder “und Karten der Eisenerzlagerstätten
beste unterstützt. —scho1
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