Augustus berichtet: „Als ich unter dem Konsulat des Tiberius Nero und des
Publius Quintilius nach der günstigen Ordnung der Verhältnisse in Spanien und
Gallien aus diesen Provinzen nach Rom zurückkehrte (4. Juli 13 v. Chr.), bestimmte
der Senat für meine Heimkehr die Weihung eines Altars des Augustus-Friedens
beim Marsfeld. Dort hieß er die Behörden, die Priester und die Vestalischen Jung:
frauen ein jährliches Opfer vollziehen.” Am 30. Januar des Jahres 9 v. Chr. war der
Altar vollendet und wurde feierlich eingeweiht.
Der eigentliche Opferaltar ist im Jahre 1938 gefunden. Er erhob sich auf
vier Stufen, war mit Reliefs eines Opferzuges geschmückt und hatte üppig aus-
geschwungene Wangen mit reichem Ornamentschmuck. Ihn umgab eine hohe
Mauer, gewissermaßen die Grenzmauer dieses engen Altarhofes, zu dem kein
Tempel gehörte. Der Mauerzug hatte etwa quadratischen Grundriß und war auf
zwei gegenüberliegenden Seiten durch Eingänge geöffnet. Die Wände waren auf
beiden Seiten in einen unteren Sockelstreifen und eine obere Bildzone aufgeteilt.
Innen ist der Sockel mit senkrechten Leisten versehen, der obere Streifen dagegen
mit Reliefs verziert: Schwere Fruchtgirlanden hängen von Stierschädeln herab,
Opferschalen und Festbinden füllen die Fläche (Abb. 77). Außen überziehen Akan-
thosranken den unteren Teil der Wand (Abb. 78), während der obere Teil mit figür-
lichen Reliefs geschmückt ist (Abb. 79—81). Die Komposition dieses figürlichen
Frieses ist durch die Grundrißgestaltung bestimmt. Seitwärts der beiden Eingänge
sind Einzelbilder mythischen Charakters angebracht; auf den Seitenmauern, die
nicht durch Eingänge durchbrochen sind, ist ein Festzug des Princeps und seiner
Familie, der Priester und Senatoren dargestellt.
Wirkliches und mythisches Geschehen stehen hier nebeneinander wie schon
100 Jahre früher auf der DomitiuszAra. Kann man dort über den Sinn der Zu
sammenstellung des Hochzeitszuges von Poseidon und Amphitrite mit dem Census
und Lustrum auf dem Marsfeld nichts bestimmtes aussagen, so ist bei der Ara Pacis
Augustae ein klares und bedeutungsvolles Programm zu erkennen. Der politischen
Leistung des Augustus, welche im Opferzug gefeiert wird, sind gegenübergestellt
die personifizierten Kräfte von Erde und Staat, von Religion und Geschichte; denn
Augustus hat diese Kräfte zu neuem Leben erweckt.
Tellus (Abb. 79—80), die nihrende Gottin der Erde, mit Früchten und Kindern
im Schoß, zu ihren Füßen die Tiere des Landmanns, Rind und Schaf, sitzt inmitten
von Gottheiten der Wasser und Lüfte; ein Bild vom Segen der friedlichen Natur.
Von der entsprechenden Platte auf der anderen Seite des Eingangs sind nur Bruch:
stücke erhalten; aber man weiß, daß hier Roma dargestellt war, wie sie auf einem
Waffenhaufen sitzt, umgeben von zwei allegorischen Gestalten, wahrscheinlich
Honos und Pax; ein Bild von der Ehre des befriedeten Staates. Auf der anderen
Torseite entsprechen sich die Bilder von Romulus und Remus, welche von der
Wölfin gesäugt werden, und von Aeneas, welcher nach seiner Landung in Italien
den mitgebrachten Penaten das erste Opfer bringt.
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