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112. Wand in dem Goldenen Hause des Nero. Rom
ist in dem Farnesina-Haus, aus dém wir die Stuckdekoration schon kennen. Das
erste, was an einer Wand dieses Hauses (Abb. 110) überraschend auffällt, ist das
Fehlen eines Durchblicks, das Fehlen einer ‚Scherwand‘, über die hinweg man in
andere Räume blickt. Die Wand ist tektonisch aufgeteilt in Sockel, Orthostaten-
flächen, mit Gesims und einem Friesstreifen. Zwischen dünnen Kandelabern, welche
die Wandflächen gliedern, sind Weinblattranken aufgehängt. Ebenso wie beim Re-
lief und bei der statuarischen Plastik herrseht das Prinzip der Fläche und der Linie.
Trotzdem ist auch hier ein Räumliches wirksam. Auf die undurchsichtige Schwärze
der Wand sind zauberhafte Landschaftsbilder hingehaucht. Das Schwarz ist also
gar nicht so undurchdringlich, es ist wie die Tiefe der Nacht voll geahnter Wunder
und wie das Dunkel des Traumes voll schwebender Weite. Durch das Schwarz ist
die Wand gleichsam entstofflicht und die imaginare Landschaft wird zu einem Bild
aus Geist und Phantasie.
Schwarz ist aber auch immer die bevorzugte Farbe des Manierismus.. Denn auf
dem lichtlosen Grund erscheinen die hellen Tóne der Dinge eigentümlich isoliert,
unwirklich und doch greifbar nahe. Schwarz ist daher eine sehr häufige und beliebte
Farbe des sogenannten dritten pompejanischen Stiles, der von der Spätzeit des
Augustus an bis etwa in die Zeit des Claudius Geltung besaß. Er lebt von den
Motiven des ‚zweiten‘ Stils, wie die nachaugustische Plastik von den Formen der
Augustus-Zeit. Ihm fehlt jedoch das Kühne und Kraftvolle der späthellenistischen
Wanddekoration, das erst wieder im ‚vierten‘ Stil der flavischen Epoche eine herr-
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