Full text: Die Kunst der Römer (1,2)

  
  
  
  
  
  
  
132. Staatsakt auf dem Forum. Rom, Forum 
flavischen Reliefs entgegengesetzt sind. Und doch bedeutet dieses trajanische Relief 
nicht einfach einen Rückschritt zu einer früheren Stilstufe. Eine gewisse Räumlich- 
keit und Freiheit in der Figurenkomposition, ein Fluktuieren des Lichtes und eine 
Bewegtheit der Schatten ist bewahrt. Auch inhaltlich ist das Forumsrelief anders 
gefaßt; es enthält nur eine allegorische Figur, Italia mit ihren Kindern, welche den 
Dank für jene Stiftung zugunsten der Kriegerwaisen abstattet, deren Verkündigung 
durch den Kaiser von den Rostra aus auf der linken Seite des Reliefs zu sehen ist. 
  
Die Vereinigung allegorischer und realistischer Darstellungsweise gehört zum 
römischen Relief, wie die politische Hierarchie und deren Repräsentation zur Wirk- 
lichkeit des römischen Staates gehört. Ohne die Gestalten der Roma und der 
Victoria kann kein Bild eines Staatsaktes aus Anlaß eines Sieges oder Triumphes 
mehr hergestellt werden. Es genügt nicht allein die Darstellung siegreicher Römer 
und besiegter Barbaren; es muß das geschichtliche Geschehen in der politischen 
Allegorie zusammengefaßt und ausgedeutet werden. So sehen wir den Kaiser mit 
zwei Personifikationen auch auf dem gewaltigen Friesbild mit der Dakerschlacht 
(Abb. 133), welches ursprünglich wohl auf dem trajanischen Forum angebracht war, 
dann aber in einzelne Teile zersägt und teilweise überarbeitet zum Schmuck des 
Konstantin-Bogens verwendet worden ist. Die programmatische Gruppe steht am 
linken Rand. Ihr entspricht jedoch am anderen Bildrand keine verwandte Allegorie, 
vielmehr befindet sich dort eine Einzelszene der gewaltigen Reiterschlacht, in deren 
Mittelpunkt der Kaiser kàmpft. Dieser Kampffries mit seinem stürmischen Tem: 
perament, mit seinem heroischen Charakter hat stilistisch scheinbar nichts gemein 
mit der klassizistischen Kühle der Beneventer Bogenreliefs und der sachlichen Klare 
heit der rómischen Schrankenreliefs, da sich hier Hintergründe öffnen, aus denen 
Krieger hervorbrechen, und da hier eine wirkungsvolle Anwendung von Verkür- 
zungen und Überschneidungen vorkommt. Vom Reliefgrund': ist überhaupt nichts 
mehr zu sehen. Die Tendenz des flavischen Reliefstils ist noch gesteigert. 
Das römische Relief besitzt in trajanischer Zeit die größte Weite und Vielfalt 
seiner Möglichkeiten. Zu diesen drei, unter sich bereits so verschiedenen Reliefs 
kommt nun noch ein viertes Werk der trajanischen Reliefplastik, das wiederum 
eine andere Seite römischer Reliefkunst offenbart: die Trajans-Säule (Abb. 135—138). 
133. Dakerschlacht, zusammengesetzt aus Abgüssen nach zelnen Teilen am Konstantins-Bogen. Rom, Museo dell' impero romano 
  
 
	        
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