Apsiden und einer großen rechteckigen Mittelnische, welche das Portal enthält.
Diese offene, einladende Halle würde sich mit dem abweisenden, fensterlosen Rund
weniger gut vereinigt haben, wenn nicht zwischen beide ein massiver Vorbau ge:
schoben wire, der dem Innenraum der Halle mit jenen drei Wandnischen entgegen:
kommt und der dem überhohen Giebelfeld der Vorhalle einen flachen und ruhigen
Hintergrund gibt. Trotzdem ist die Verbindung von Kernbau und Vorbau gewagt.
:s treffen hier wieder jene zwei Welten zusammen, die in der rómischen Baukunst
um ihre Vereinigung ringen: die griechische Dekoration, welche uns in der Säulen-
vorhalle entgegentritt und die rômische Konstruktion, welche in dem zylindrischen
Kernbau eine monumentale Form gefunden hat.
Das Äußere dieses Baues ist von einer weltgeschichtlichen Problematik. Darin
beruht auch der eigentümliche Reiz dieses ungewöhnlichen und einzigartigen
Werkes. Betritt man das Innere (Abb. 167), dann vergißt man diese Zwiespältigkeit,
obwohl sie, wie wir sehen werden, auch hier der künstlerischen Gesamtwirkung zu-
grunde liegt. Man glaubt sich im Inneren einer Kugel zu befinden, in der alle Ver:
hältnisse rein und alle Entfernungen klar sind und in der jeder Ort seinen bestimmten
unverrückbaren Bezug im ganzen hat. Nirgendwo sonst erfährt man wieder so wie
hier die göttliche Harmonie der Welt. Hier ist es gelungen, aus Kámpfen und Span
nungen geschichtlicher Kräfte heraus einmal den Kosmos rein darzustellen. Nur die
Baukunst vermochte diese metaphysische Aufgabe zu lösen und zu erfüllen. Man
vergißt beim Betreten dieses Raumes die architektonischen Mittel, durch welche
dieses Wunder zustande gebracht ist. Man fühlt sich leicht und frei, man würde den
Raum sogar empfinden, wenn man ihn mit verbundenen Augen beträte, denn er er-
hebt den Geist und beschwingt die Seele. Der Körper muß mit und spürt seine
eigene Schwere nicht mehr. Er verliert sich dennoch nicht in unendlichen Weiten,
er wird nicht zur Unscheinbarkeit erniedrigt im Angesicht fortreißender Energien,
denen nur noch mystischer Seelenflug zu folgen vermag. Er bleibt im Irdischen be-
stehen und erlebt zugleich das Überirdische als ein Seiendes bestándig. Das Gott:
liche erscheint hier nicht in körperlicher Gestalt, und die Schönheit des göttlichen
Menschenleibes erweckt nicht das höchste Gefühl wie bei den Griechen, wo der
Tempel ein heiliger Schrein für das Kultbild war. Die Kultbilder des Pantheon, Mars
und Venus, die Ahnen der Gens Julia, standen halb verborgen in den Nischen. Hier
im Pantheon offenbart sich.das Göttliche in der Vollkommenheit des Raumes. Die
Schônheit des Unsichtbaren und Unkorperlichen erzeugt die religiöse Stimmung. Im
griechischen Tempel ist das Geistige Körper geworden, hier ist der Korper ver:
geistigt. Wie ist das geschehen? Wir fragen staunend nach den Mitteln, mit denen
solche Verwandlung vollzogen wird.
Das Erste sind die einfachen und gleichmäßigen Größenverhältnisse: der Durch:
messer des runden Raumes ist gleich der Hóhe, nàmlich 43 Meter. Ebenso ist die
Hóhe von Wand und Kuppel gleich (Abb. 168). Das Zweite ist die tektonische Glie-
derung der Wand: und Kuppelfláchen. Die Wand ist in zwei Stockwerke eingeteilt.
Im unteren wechseln regelmäßig geschlossene Wandflächen, denen Säulenaedikulen
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