18. Sarkophagdeckel aus Chiusi. Florenz
gemeine, das die individuelle Erscheinung trägt und rechtfertigt, liegt nicht in der |
Gültigkeit der. Form, nicht in der Vorbildlichkeit der menschlichen Haltung, nicht
in der Erhabenheit des erkennenden und wirkenden Geistes über das blof3 Stoffliche
und Vergangliche; es liegt vielmehr in dem Ausdruck einer Würde, welche geprägt
ist von einem Leben im Dienste der Öffentlichkeit, es liegt im Reprásentativen. Das
ist das Neue, Römische: Figuren und Gegenstände des etruskischen Lebens, die auf
dem dunklen Hintergrund chthonischer Gebundenheit so merkwürdig deutlich als
einmalige und vereinzelte in die Erscheinung traten, werden jetzt abgestimmt auf
eine neue Idee, auf den römischen Gedanken des staatlichen Daseins des Menschen
und des Lebens des Menschen in einem Amt oder Beruf.
Der etruskischen Kunst fehlt eine fruchtbare Typenbildung. Ist einmal eine
Form geschaffen, dann sinkt sie in die Leere handwerklicher Wiederholung, in der
sich ein Stilwandel freilich auch erkennen läßt, in der jedoch nicht mehr das eigentz
liche künstlerische Geschehen anzutreffen ist. Die Unsicherheit der Formbildung
zwingt dauernd zu neuer Abhaàngigkeit von der griechischen Kunst, deren Schrittmaf?
nicht beibehalten und deren Vorsprung niemals eingeholt werden kann. Außerdem
erhalt die etruskische Kunst fortwährend wechselnde Anregungen aus der völkischen
Struktur des beherrschten italischen Landes. So ist es zu verstehen, daß in der Ge-
schichte der etruskischen Sarkophagplastik nicht die Stilentwicklung einer typo-
logischen Reihe zu verfolgen ist, sondern daß man Einzelwerke regional verschiede-
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