Do
Qu
. Schlacht bei Pydna, Relief vom Denkmal des Aemilius Paullus. Delphi
sich voneinander ab, ohne Übergánge, ohne Weichheit, ohne schwellende Ober
fläche, ohne Reliefzusammenhang, ohne organische Spannung und Bewegung. Stereo
metrisch hart und bestimmt ist der Kopf, ausgegliedert aus dem Lebensstrom, auf
sich gestellt. Die Welt, vom nüchtern rechnenden Verstand zur Realität erniedrigt,
liegt außerhalb und ist eine mühevoll zu bewältigende Aufgabe geworden. Dieser
schwere italische Bauernschädel konnte als Charakterkopf nur entdeckt werden durch
die Arbeit griechischer Menschenkunde, und auf italischem Boden nur dargestellt
werden durch etruskische Kunstfertigkeit. Das Rômertum vermochte nicht, in Er-
kenntnis und Gestaltung weltdeutende Bilder zu schaffen. In diesem griechisch-etrus-
kischen Bildnis einesitalischen Menschen ist dasspätere Schicksal des Römertums vor-
ausgedeutet: seine bäuerlich-nüchterne Willenskraft, seine grausame Diesseitigkeit.
Ein drittes Beispiel italisch-etruskischer Bronzeplastik, der ,,Arringatore”
(Abb. 22—23), führt schon an den Beginn des ersten Jahrhunderts und damit in jene
Zeit, in welcher sich bereits ein eigener römischer Formwille erkennen läßt. Selbst
diese fern von Rom, am Trasimenischen See gefundene Statue weist die neuen
römischen Züge auf. Der inschriftlich bezeugte Name des Dargestellten, Avle Metle,
ist nur die etruskische Übersetzung des römischen Namens Aulus Metilius. Römisch
ist auch die Kleidung des Mannes, der über einer Tunika die Toga trägt, und römisch
ist die scharfkantige, lineare Art der Gewandbehandlung. Römisch ist die selbst:
verständliche Würde des öffentlichen Auftretens. Römisch ist auch die Nüchtern-
heit, mit der das Gequälte und Ungelöste im Ausdruck des Gesichtes wiedergegeben
ist. Gegenüber dem „Brutus‘“ und seiner stereometrischen Struktur lebt die Form
des ,, Arringatore" mehr aus der Bewegung der Oberfläche und mehr aus dem inneren
Drängen aller Teile. Trotzdem hat die Form etwas Sprödes und Trockenes. Die
griechische Bildung, welche sich in diesem Werk und in dem dargestellten Menschen
durchzusetzen sucht, ist erstarrt in der Hülle und Gebärde eines Mannes, welcher
ganz dem Tage und seinen zeitlichen Sorgen gehört. Ohne die Berührung mit der
Welt des griechischen Geistes und der griechischen Kunst ist freilich ein solches
Werk nicht möglich gewesen.
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