Full text: Die Kunst der Römer (1,2)

  
  
  
26. Schlacht bei Pydna, Relief vom Denkmal des Aemilius Paullus. Delphi 
Hatte das óstliche Erbteil der Etrusker das rómischreitalische Wesen in chthoz 
nische Dumpfheit und Magie verstrickt, so hat doch zugleich die künstlerische 
Abhängigkeit der Etrusker von den Griechen Rom unaufhórlich in mittelbare 
Beziehung zu Griechenland gebracht. Diese geschichtliche Wirkung darf nicht ver 
dessen werden, wenn man die Überfremdung Roms durch die Etrusker als eine 
Gefährdung und Beeinträchtigung des von nordischen Völkern begründeten Abend: 
landes erkannt hat. Es gibt einige sehr aufschlußreiche Gegenbeispiele aus jenen 
mittelitalischen Landstrichen östlich von Rom, in welche keine etruskische Lebens: 
form eingedrungen war. Da ist der Versuch der italischen Stämme, monumentale 
Plastik nach griechischem Muster zu schaffen, völlig mißglückt. Das Ergebnis sind 
ungeschlachte Gebilde, die mehr volkskundlich lehrreich als kunstgeschichtlich 
bedeutsam sind. 
Das vollständigste und älteste Stück dieser Art ist der „Krieger von Capestrano“ 
(Abb. 24), dessen Entstehungszeit die Wende vom sechsten zum fünften Jahrhundert 
ist. Die Kriegstracht ist peinlich genau wiedergegeben. Dagegen ist der Körper so 
völlig ohne jede lebendige Gliederung, daß er mehr einer Modellpuppe gleicht als 
einem künstlerischen Ebenbild des Menschen. Ein vorgeschichtlich lebendes Berg: 
volk wie die Picener, denen der Krieger angehört, kann nicht plötzlich dieselbe 
monumentale Kunst hervorbringen wie die Griechen, welche seit Jahrhunderten in 
ihren Städten und ihren großen Heiligtümern die Voraussetzungen dazu geschaffen 
hatten. Zur großen Kunst eines Volkes gehört das Bemühen einer langen Geschlech- 
terreihe, gehören Überlieferung, geschichtliche Daseinsform und Wille zur Kündung. 
Oder es muß wenigstens eine Schicht von Menschen, eine ,, Gesellschaft vorhanden 
sein, welche die Kunst wirtschaftlich trägt und welche die Kunst zur Bestätigung 
ihrer Existenz braucht, wie es bei den Etruskern gewesen ist. Beide Voraussetzungen 
fehlten im mittelitalischen Bergland. Die Frage nach der Entstehung und Stilbildung 
der römischen Kunst wird von diesem Standort aus gesehen zugleich eine Frage nach 
Volk und Staat, nach Herkunft und Geschichte, nach Landschaft und Lage. 
Rom liegt zwischen dem nördlich angrenzenden Land der Etrusker und dem 
  
 
	        
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